Liebe, Krieg und Frieden [Poetry-Slam]

David Sarnau

by David Sarnau

Story

Das ist der älteste Kampf, den ich führ. So alt, ich weiß nicht einmal mehr, für wen ich ihn führ. Für uns? Für dich? Für mich? Führ mich nicht in Versuchung daran zu denken. Es richtet schon mit dem bloßen Versuch ungemeinen Schaden an. Stecke fest, zwischen Tatendrang und Gedanken an Tage, an denen wir zusammen da saßen, taten gut darin zu denken, dass wir mal tatsächlich besser dran waren, doch taten uns am Ende doch nicht gut.

Liebe. Bindeglied zwischen Krieg und Frieden. Mit der Welt. Mit mir selbst. Weltkriege? Nie verstanden. Wir stehen für Weltfrieden, gepaart mit Selbstliebe. Doch in der Zeit von Streit führten wir gerne mal Selbst-Kriege. Gegen den Anderen. Während wir selbst, die Welt des Anderen waren. Hoch lebe die Doppelmoral.

Schlachtfeld aller Völker ausgetragen in der Mitte eines jeden Körpers.

Und eines jeden Körpers platzte vor dem anderen Volke in der Mitte des Schlachtfeldes als Höhepunkt die Brust auf. Der Gegner trat nah an den am Boden liegenden Soldaten heran, nahm das Geschenk dankend an: „Ich habe es dir ja gesagt“ und riss ihm voller Lust das Herz heraus. Risse auf dem Herzen deuteten schon darauf hin, dass es wohl von selbst schon keine Lust mehr hatte zu schlagen.

In Blut getränkte Erde gab Applaus.

Kurz nachdem alles vorüber ist, Herzen wieder zusammen geflickt, bereuen sie es. Allen Parteien tut es leid, allein so viel Leid überhaupt zugelassen zu haben. Soll wieder sein wie früher. Früher war alles besser. Nie wieder. Nicht nochmal. Nochmal nicht. Diese Lüge wurde schon seit dem Beginn der Menschheit über Generationen weitergetragen. Doch nach ein paar Jahren werden diese Worte wieder vergessen. Und so warteten wir. Darauf, dass es wieder passiert, denn dass es der Fall sein wird haben wir schon längst akzeptiert, anstatt zu erkennen, dass selbst Stille besser wäre als das hier.

Das Holz brennt knisternd vor uns. Zusammen unter einer Decke. An den Schultern des Anderen angelehnt, auf dem Rücken liegend, die Sterne betrachtend. Betrachten die Sterne uns gerade auch? Sie scheinen so friedlich.

Feuer lodert das Holz ab. Der eine die Decke von sich weg werfend, schreiend stampfend den Ort verlässt. Warum und weshalb weiß am Ende keiner mehr. Doch es reicht, wenn beide wissen: Nur einer hat recht. Der Andere trägt Schuld und Fehler, am gebrochenen Herzen, gelber Lunge und alkoholgetränkter Leber. Egal ob für Stolz und Ehre, oder für Volk und Erbe, weil ein jeder es besser weiß, kämpfen wir mit den Waffen für die Gerechtigkeit. Und so schnitzten wir aus den übrigen Stöckern Speere, später wurden das dann Gewehre, erschufen noch größere Heere, Krieg am Land in der Luft und unter den Meeren: Krieg der Stämme, Krieg der Erde, Krieg der Sphäre, Krieg der Sterne. Dann Leere.

Wir besiegten uns. Wir besiegten uns alle. Wir, die wir doch dachten am Ende wahrhaftig zu lieben, sahen uns gegenseitig sterbend am Boden liegen.

Liebe. Ist Krieg und Frieden. Zugleich. Wobei am Ende nichts bleibt, was geflickt werden könnte.

© David Sarnau 2022-09-01

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