by Giggu
Vor vielen, vielen Jahren (die Menschen sind allerdings schon aufrecht gegangen) wurde ich geboren. Als Linkshänderin. Als Baby und Kleinkind hatte ich mir nichts dabei gedacht. Meine Eltern schon, weil ich die Rassel lieber in der linken Hand hielt, obwohl sie mir zur rechten Hand gereicht wurde. Ich ließ mich nicht davon abhalten, links zu scheppern, das machte auch viel mehr Lärm. Kaum konnte ich sitzen und einen Löffel halten, musste ich lernen, mich selbst zu ernähren. Das Küchenservice-Personal war nicht gewillt, mich noch länger zu füttern. Nicht nur das, ich stand auch ständig unter Beobachtung. Weil man nicht wollte, dass ich mit den Händen den Brei aß, legte man mir einen kleinen Löffel nahe und auch nahe zum Teller – zur rechten Seite. Das war kein Problem für mich. Eine Hand wäscht quasi die andere – in meinem Fall übertrug eine Hand die Aufgabe an die andere und schon ging´s los mit Appetit ans Breilöffeln. Ich habe die Rechnung ohne meine Wirtin gemacht. Liebevoll wurde mir der Löffel entwunden und meiner rechten Hand zugeführt. Aha, dachte ich mir, das ist ein Spiel. Ich löffelte einmal rechts und dann übergab ich wieder an die linke Hand, worauf …(aber das erspare ich euch jetzt).
Es war kein Spiel, musste ich enttäuscht feststellen, als am nächsten Tag ein gebogener Löffel neben meinem Teller lag. Ich war guter Dinge. Auch mit einem verbogenen Löffel müsste ich doch tadellos in meinen Mund finden. Ich wurde enttäuscht. Ich musste dann doch eine Lösung gefunden haben. Ein altes Foto von mir zeigt mich als normal ernährtes Kleinkind.
Die nächste Klippe folgte. Zunächst musste ich lernen, das “schöne Handi” zu geben, wobei ich keinen Unterschied zu meinem linken Handi erkennen konnte.
Nun kam die Klippe: Schuleinschreibung!
Geschrieben musste ausnahmslos mit der rechten Hand werden. Meine liebevolle Volksschullehrerin hatte mir meine krakelige Schrift durchgehen lassen und meine Bemühungen anerkannt. Manchmal war es schon zum Verzweifeln, aber ich bekam auch viel Trost von meinen Eltern. Ich sah ein, dass es üblich war, die rechte Hand zum Schreiben zu verwenden. Es war auch gut so, weil mit den damaligen Füllfedern hätte ich linkshändig gar nicht schreiben können. Nur das linkshändige Zeichnen, das habe ich mir nicht nehmen lassen. Ich hatte Glück mit unserer Handarbeitslehrerin, die mir das mühsame Häkeln auch andersrum zeigen konnte. Mein Topflappen war zwar nicht der schönste, aber meine Mutti hatte sich trotzdem gefreut (freuen müssen?).
So hatte es begonnen, dass ich manuell hin- und hergerissen war und noch bin. Das Besteck halte ich richtig. Ich schreibe bereits auch nur mehr mit dem schönen Handi. Gezeichnet wird links – in Geometrie damals war das eine Herausforderung. Golf habe ich probiert, nicht lange, aber links. Tennis habe ich immer rechtshändig gespielt – weiß der Kuckuck, warum.
Im Laufe der Jahre wurde ich beidhändig und ich denke: Gar nicht einmal so schlecht!
© Giggu 2020-03-19