Der Loslassprozess ist ein Prozess, der nicht von Heute auf Morgen geht. Ich habe das schon am eigenen Leib erlebt und habe tagtäglich damit von Berufswegen zu tun. Mal schnipsen und die Vergangenheit ist ausgelöscht. So geht es leider nicht. Da gehört bisschen mehr dazu. Das bewusste Loslassen ist genauso wichtig wie das geistige Loslassen.
Viel ähneln sich die Geschichten von Menschen. Oft erkennt man das eigene Leben in ihnen. Viele glauben, wenn sie sich nur in der Vergangenheit befinden und die Erlebnisse immer und immer wieder rauf und runter erzählen, dann sind sie auf einem guten Weg. Leider ist das nicht so. Die Vergangenheit hat uns zu dem Menschen gemacht, der wir heute sind – einzigartig und wundervoll. Vergangenheit ist Vergangenheit. Wir sollten sie liebevoll loslassen. Wir leben im JETZT und HIER. Ich möchte Euch eine wahre Geschichte erzählen.
Eine Frau hat eine wunderbare Ehe mit ihrem Mann geführt. Diese hielt über 30 Jahre. Dann hat sie ihn an den Tod verloren. Sie hat ihn viele Jahre gepflegt. Ich kann jetzt nicht genau sagen, wie lange er sich schon im Jenseits befindet. Nach meiner Auffassung hält sie immer noch an dieser Ehe fest und sucht einen Mann, der ihm ebenbürtig ist. Das gibt es aber nicht. Ein jünger Mann hat ihr Herz erobert. Diese sogenannte Beziehung ist nicht wirklich das, was sie sich vorgestellt hat. Sie klammert an der Vergangenheit. Die wahre Liebe kann sie noch nicht leben. Ihr Körper sagt ihr durch sehr viele Krankheiten, dass sie einen anderen Weg einschlagen sollte. Hat sie Angst vor Veränderungen? Oder warum kann sie sich nicht von der Vergangenheit lösen? Wenn ich ihr Loslassübungen vorgeschlagen habe, verflogen sie wie Schall und Rauch. Ich habe in und mit ihrem Lebensprozess gelernt, sie einfach aufzufangen, wenn sie mich kontaktiert, ihr einfach eine gute Zuhörerin zu sein. Wenn sie soweit ist und loslassen möchte, dann weiß sie, dass ich für sie da bin und ihr die Stütze sein werde, die sie von mir haben möchte.
In jeder Geschichte, die ich als Beraterin erlebe, steckt auch ein Lernprozess fĂĽr mich drinnen. Ich darf die Schicksale anderer nicht zu meinen eigenen Themen machen. Das ist nicht immer einfach. Gerade wie auch bei dieser Kundin, die wirklich in ihrer Trauer noch gefangen ist und in der Opferrolle verharrt.
Ihr “Freund”, hat sie nicht einmal besucht, als sie im Krankenhaus war. Da steckt sicherlich auch ein Lernprozess fĂĽr ihn drinnen. Nicht ohne Grund lernen wir Menschen kennen, die uns den Spiegel vorhalten. Dann können wir selbst entscheiden, schauen wir da hinein oder schauen wir weg. Sie schaut noch weg, da sie in der Vergangenheit wie gefesselt lebt.
Ich bin sicher, dass sie es eines Tages schaffen wird, den Sprung zu wagen, der sie in eine neue Dimension bringen wird. Leider hat sie zurzeit auch nicht all zu viele Freunde. Warum wohl? Aus ihren Worten geht hervor, dass sie diese wie einen MĂĽlleimer behandelt und nicht auch mal auf deren Themen und Herausforderungen eingeht.
© Daniela Reinelt 2020-09-25