Lost places

Christa Mittermayer

by Christa Mittermayer

Story

Verlorene Plätze – so wie überall auf der Welt – auch in Baden.

Zerstörte Häuser, Fenster – leeren Augen gleich – starren stumm und blind. Du gehst vorüber, zögerst, bleibst stehen. In Gedanken füllst du diese Häuser mit Leben. Das hier war einmal die Bäckerschule, Fresken an der Fassade, ein Spruch: Wer ist Meister, der was ersann. Wer Geselle, der was kann. Wer Lehrling – jedermann.

Das Hotel in der Nähe, von Drahtzäunen umgeben – Betreten verboten – einst verkehrte die noble Wiener Gesellschaft hier, Bälle, Hochzeiten, ein altes römisches Bad! Böden herausgerissen, das Haus verwüstet. Der Biedermeierarchitekt Josef Kornhäusel – weltberühmt – was würde er sich heute denken? Sein berühmtes Hotel – geschändet!

Leere Kasernen, keine Schüsse, kein Donnern der Panzer – Schreie eines Fasans, Tauben gurren, glückliche Tier- und Pflanzenwelt! Bleiben wir noch lange ungestört?

So bringen mich meine Schritte in den Doblhoffpark – unbenutzt steht das traumhaft schöne Schlosshotel, auf seiner Terrasse Kaffee zu trinken – vorbei, doch noch steht es in seiner ganzen Pracht, ein Rittersaal, seine Fenster blinzeln dir zu! Wer wird die verlassene Schönheit wach küssen?


Und so stelle ich mir die verlassenen Plätze voller Leben, Menschen lachend, fröhlich, Stimmengewirr, Gelächter, vor – in der Geisterstunde kehrt das Leben zurück!


Erloschen in der Morgenstunde, auf ein Erwecken hoffend – die verlorenen Plätze von Baden.


Die verlorenen Plätze – sie sind auf der ganzen Welt, verstreut, unbekannt, vergessen, nur manchmal verirren sich Reisende dort hin, bleiben stehen, verwundert, hier sollen einmal Menschen gelebt haben? Doch dann gehen sie weiter, keinen Gedanken an die Verstorbenen verschwendend, und in den morschen, zerfallenen Ruinen hört man Weinen und teuflisches Gelächter.


© Christa Mittermayer 2025-02-20

Genres
Biographies
Moods
Emotional