Mama, heute war ihr 119.Geburtstag

Philip

by Philip

Story
Wals bei Salzburg 1944 – 1988

Am 10. November 1904 wurde meine Mama in Kac einem Vorort von Novi Sad, Serbien, geboren. Heute, am 10. November 2023 wäre daher ihr 119. Geburtstag gewesen. Das Foto auf Seite 1 zeigt sie mit Christl, meiner Frau auf unserer Terrasse anlässlich der Konfirmation unserer jüngsten Tochter Veronika. Dabei starb ihr Vater als sie noch nicht einmal 11 Jahre alt war, infolge einer mutwilligen Verletzung, die ihm ein halbwüchsiger serbischer Knabe beim Abladen von Getreidesäcken zufügte. Statt zur Schule zu gehen musste sie arbeiten, um ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder zu ernähren. Glücklicherweise fand sie Arbeit im Haushalt eines Serbisch- orthodoxen Pfarrers, wo sie neben den ausgezeichneten Kochkenntnissen, neben der serbischen und ungarischen Sprache auch noch Deutsch (schwäbische Mundart) sprechen konnte, obwohl sie nur 2 Jahre zur Schule ging. Sie konnte sehr schnell das Geschirr abwaschen; wenn die Frau des Pfarrers oft ihr zurief: Kathy ich höre das (teure) Geschirr klimpern! Antwortete Mama immer; Wenn es klimpert, ist es noch ganz! Mein Vater bat sie, bevor er von Nazideutschland in den Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde, mach aus unserem Sohn einen rechten Mann (siehe meine Story: Vater Jakob, mein Retter und Held; im Buch: Mein Ehrenmal für Vater Jakob), meine Mama versprach ihm das bei ihrer gemeinsamen Liebe. Dieses Versprechen einzuhalten fiel ihr oft sehr schwer: Als sie an Gelenksrhäumatismus erkrankte und ihre Arbeit als Magd bei der Weißböckbäurin in Weigensam nicht mehr machen konnte, als sie wegen der Tätlichkeit der verrückten Jodlbäurin in Niederholzham (Haar-reißen) nicht mehr als Haushaltsmagd weiterarbeiten konnte und als sie schließlich meiner Schwester Maria helfen musste, als die ins Krankenhaus musste, weil die ein Kind bekam. Auch in unserer Familie musste sie einige Male den Haushalt mit den zwei Kindern führen, als meine liebe Christl ins Spital musste.

Als Mama nach dem Krankenhausaufenthalt infolge Gelenksrhäumatismus mehrere Monate kein Einkommen erzielen konnte, mussten wir beide ja von den 300 Schilling ersparten Geld leben! In meiner hoffnungslosen Verzweiflung versprach ich ihr damals, wenn ich einmal groß sein werde Mama, werde ich für Dich sorgen. Während meines Jurastudiums musste Mama mir und meiner Familie aber wieder Geld schicken, da ich ja die Lehrbücher für mein Studium kaufen musste. “Heute hat die Schwiegermama wieder ein paar Blaumeiserl geschickt, Frau Konrad!” Mit ‘Blaumeiserln’ meinte der Briefträger immer die Tausendschillingscheine, die ja blaue Geldscheine damals waren.

Wie das Titelbild dieser Story zeigt, wurde ich im September 1988 zum Doktor iuris promoviert; Mama hatte damals also das meinem Vater gegebene Versprechen eingehalten und war daher sehr stolz, 44 Jahre lang ihre 2 jüngeren Kinder als Alleinerzieherin erfolgreich durch deren Leben geführt zu haben! Beim feierlichen Mittagessen, das ebenfalls Mama bezahlte, fragte sie voll Stolz die an einem Nachbartisch ebenfalls Feiernde: ” Seid Ihr auch von Daheim?” Damit war gemeint, ob sie auch aus der Batschka (so wie wir) stammten? Gelächter folgte auf die Bejahung der Frage! Erst als ich obige Tatsache aufklärte, zeigten sie Respekt vor Mama.

© Philip 2023-11-21

Genres
Novels & Stories, Humor & Satire
Moods
Emotional, Komisch, Reflektierend