Maria V

Elena Jordan

by Elena Jordan

Story

Sie merkte wie sie langsam aber sicher einfror. Es war wie in diesen Träumen, in denen man versuchte wegzulaufen, aber nicht schnell genug von der Stelle kam. Der Körper gehorchte nicht mehr, er reagierte nicht. Und dann war da noch die Wut. Diese aufkochende, kaum zu bändigende Wut.

„Willst du mich verarschen?“ „Verpiss dich junge, weiß deine Mutter eigentlich was du hier machst?“

In ihrem Kopf hatte es laut und bedrohlich geklungen, ausgesprochen wurde es von der Dunkelheit und seiner bedrohlichen Aura fast gänzlich aufgesogen. Es verklang und was blieb war ein kleines, zitterndes Mädchen das mit letzter Kraft versuchte sich aufzuraffen, sich groß zu machen. Schultern gerade, laut sein, ein böses Gesicht aufsetzen, so als wolle sie ein bedrohliches Tier verscheuchen. So verblieben die beiden für ein paar Sekunden, die sich anfühlten wie eine halbe Ewigkeit. Der junge Mann rieb sich nach wie vor den Arm, seine Hände zu Fäusten verkrampft, sein Blick stumm und ausdruckslos auf sie gerichtet. Dachte er nach? Wägte er ab? Sie kämpfte indessen gegen die ihren Körper erklimmende Taubheit. Ich muss hier weg, sonst kann ich es gleich nicht mehr. Diese Erkenntnis schlug blitzartig ein und sie war der letzte Impuls, der ihr die restliche Kraft gab. Quälend langsam wandte sie sich ihrer Haustür zu, sie wankte bebend die drei Treppenstufen zum Eingang hinunter. Sie erwartete am Arm gepackt und zurückgerissen zu werden, erneut seinen Atem in ihrem Nacken zu spüren, doch nichts passierte. Erst als der Schlüssel im Schloss einrastete und sie die Glastür hinter sich zugeknallt hatte, drehte sie sich noch einmal um. Der Mann war weg. Alles was sie sah, war ein breitschultriger Umriss, der sich in die Richtung flüchtete, aus der er gekommen war. Nässe breitete sich auf ihren Wangen aus und da sie nicht mehr konnte rutschte sie, den Rücken an die Flur Wand gepresst, zu Boden. Sie hielt sich nicht zurück, schluchzend betrauerte sie sich selber für eine Weile, den Kopf in ihren Armen vergraben. Das widerliche Wärmegefühl unter ihrem Rock blieb noch für mehrere Tage haften, verschwand dann jedoch langsam.

Das was blieb, war die Angst vor stillen dunklen Straßen, Männern seiner Statur und eine Zeitlang, dem schönen schwarzen Rock.

© Elena Jordan 2022-08-31

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