Mein erstes Mal (Poetry-Slam)

Thomas Schichl

by Thomas Schichl

Story

2018 war mein Jahr.

>Wieder verpasst< stellte ich verärgert Fest und stierte in die heimische Zeitung. Sie berichtete von einem Poetry-Slam in meiner Heimatstadt Nördlingen im Ochsenzwinger. Ich hatte die Einladung auf einem Plakat gelesen und war fest entschlossen dort hinzugehen und der Reimnacht zu lauschen. Ich schreibe selbst Gedichte. Drei Werke sind bereits in der Enzyklopädie der Bibliothek deutschsprachiger Gedichte in den Bänden III, V und XX abgedruckt. Worauf ich sehr stolz bin, den es sind meine ersten selbst geschriebene Werke. Die Teilnehmerschaar lag zwischen 17000 und 40000 Menschen, die bei dem jährlichen Gedichtwettbewerb teil nahmen.

Im September flatterte wieder ein Flyer ins Haus, das einen weiterer Poetry -Slam in Nördlingen stattfinden sollte. Ich legte ihn mir zurecht, um bald eine Karte zu ergattern. Die Zeit verflog und ich vergaß es, da andere Dinge für mich wichtiger waren. Am Samstagmittag stolperte ich über den besagten Flyer und ärgerte mich erneut, keine Karte zu haben. Auf der Rückseite war eine Telefonnummer aufgedruckt, die ich anrief, um eine Karte zu reservieren. Doch es gab keine mehr. Ich las weiter und sah, dass sie noch Teilnehmer aus der Region suchten, die ihre Werke vorstellen wollten. Ein weiterer Anruf bei dem Veranstalter und ich war auf der Warteliste. <Er Melde sich noch bei mir> versprach er mir. Gleich erzählte ich es meiner Familie, die überrascht und mit Zweifel reagierten. Nur meine älteste Tochter Vanessa (20) war begeistert und wollte mit. Um siebzehn Uhr erhielt ich die Bestätigung und eine Freikarte für meine Tochter.

Im Internet auf Youtube, studierte ich einige Slams um vorbereitet zu sein. Doch es verunsicherte mich mehr, als das es half, zu verstehen, was einen richtigen Slam ausmachte. Doch ich war mir sicher mit meinen Gedichten und meinem Auftreten zu Gefallen.

Um neunzehn Uhr wurden wir vom Veranstalter an der Kasse freudig begrüßt und zu Jens dem Moderator des Abends gebracht. Er erklärt kurz die Regeln und ich mischte mich unter die elf Künstler. Hier erfuhr ich, das einige Teilnehmer bereits fünfzehn Jahre Erfahrung hatten, bayrischer Meister, zweiter Deutscher Meister, Buchautor und Hobby-Künstler unter ihnen waren. Ich wurde in die Katakomben der Freilichtbühne in Nördlingen gebracht und es wurde die Reihenfolge ausgelost. Es kam wie es kommen musste, ich war der Erste, der auf der Bühne stehen durfte.

Nach der Begrüßung durch Jens, der dem Publikum die Regeln vorstellte, präsentierte er seinen Slam als Vorgeschmack.

Die Spannung in mir stieg, meine Hände wurden feucht und zittrig. Ich atmete einige Male tief durch und öffnete die Tür zum Publikum. Ich begrüßte die 400 Kunstliebhaber, schlenderte zur Mitte der Bühne und erklärte meine Odyssee, des Tages, bevor ich meine drei Gedichte fehlerfrei vortrug.

Am Ende der Texte verbeugte ich mich brave und kassierte vom Publikum einen sehr kräftigen Applaus. Stolz ging ich von der Bühne.

© Thomas Schichl 2021-03-21

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