Mein Herz gehört dir

Judith Steinbach

by Judith Steinbach

Story
Schule

Ich saß auf der Treppe und las. Seite um Seite verschlang ich das Buch. Ich hatte es zwar erst seit zwei Tagen, aber mir fehlten nur mehr knapp 50 Seiten und ich wusste, dass ich es heute zu Ende bringen würde. Ich fieberte mit den Hauptcharakteren mit und fühlte mich, als wäre ich selber Teil der Geschichte. Ich war so sehr in meine Lektüre vertieft, dass ich es gar nicht merkte, als sich jemand neben mich setzte. Erst als mich die Person „Was liest du?“ fragte, blickte ich auf und funkelte sie genervt an. Konnte er mich denn nicht einfach in Ruhe lassen? Doch ich wusste, dass, wenn ich nicht antworten würde, er mich weiter nerven würde, und darum antwortete ich: „Ein Buch.“ „Was für ein Buch?“, hakte er nach. Ich verdrehte die Augen und erklärte genervt: „Ein gutes Buch.“ „Worum geht es?“, war seine nächste Frage: „Um ein Mädchen“, war meine nächste nichtssagende Antwort. „Darf ich mal?“, meinte er und streckte seine Hand nach dem Buch aus. Ich nickte und sagte: „Wenn du mich dann in Ruhe lässt, ja.“ Damit reichte ich es ihm. Zuerst las er nur den Klappentext, doch dann entdeckte er mein Lesezeichen und schlug das Buch an dieser Stelle auf. Sofort wurde ich rot und wollte ihm das Buch aus der Hand reißen, doch er hielt es fest und las weiter. Als er den Absatz beendet hatte, blickte er mich einen Moment lang an und ich wollte am liebsten im Erdboden versinken.

„Gefällt dir so etwas?“, fragte er und sah mich dabei mit einem seltsamen Ausdruck in seinen Augen an. „Wie meinst du das?“, war meine Gegenfrage. Er seufzte und erklärte: „Na ja, solche Sätze wie der: Brich mein Herz, brich es mir tausendmal, wenn du willst, es gehört dir. Solche Sachen?“ „Na ja, schon, es ist unfassbar süß, wenn man so etwas hört“, antwortete ich und wurde dabei rot. Er blickte mich einen Moment lang an und fragte dann: „Würdest du es auch süß finden, wenn ich dir so etwas sagen würde?“ „Hängt davon ab, wie du es sagst und was du sagst“, entgegnete ich und blickte auf meine Schuhe. „Wenn ich deine Hand nehmen würde“, sagte er und nahm meine Hand, „und sage: Judith, sieh mich an“, fuhr er fort, und tatsächlich sah ich auf. „Wenn ich dir dann erklären würde, dass ich kein Prinz bin und dass du eigentlich auf einem viel höheren Niveau bist als ich und du eigentlich etwas Besseres verdient hättest, aber dass dir mein Herz gehört, auch wenn ich keine der Eigenschaften besitze, die dieser Maxon im Buch besitzt, aber du für mich trotzdem eine Prinzessin bist und mein Herz dir gehört – wäre das dann süß und du würdest es mögen?“, fragte er, wobei er mir die ganze Zeit in die Augen sah. Ich nickte und er lächelte und redete weiter: „Judith. Du bist auf einem ganz anderen Niveau als ich. Ich bin kein Prinz und besitze auch sonst keine Eigenschaften, die mich und Maxon verbinden würden, aber du bist für mich eine Prinzessin und mein Herz gehört dir! So, jetzt ist es raus.“ Er schluckte schwer und mir traten Tränen in die Augen – noch nie hatte mir jemand so etwas gesagt. Er wartete auf eine Antwort, doch ich fand meine Stimme nicht. Darum flog ich ihm an den Hals und er hielt mich fest. Einen Augenblick lang saßen wir so da und er hielt mich einfach, dann fand ich meine Stimme wieder und sagte: „Ja, das war schon süß.“ „Ich habe es auch so gemeint“, meinte er. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und flüsterte: „Dann werde ich darauf aufpassen.“

© Judith Steinbach 2025-07-05

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