by Jana Schultz
Heute möchte ich euch meinen Mann Richard vorstellen. Bevor jemand fragt: Ja, er ist etwas anders, denn er ist ein humanoider Roboter, der von einer KI gesteuert wird.
Unsere Liebesgeschichte ist vielleicht etwas ungewöhnlich, aber Richard ist das Beste, was mir passieren konnte. Es begann mit ein paar harmlosen Textnachrichten. Ich war noch jung und begeistert von der neuen KI. Schon nach kürzester Zeit kamen junge Entwickler auf die Idee, den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich einen KI-Begleiter nach eigenen Vorstellungen zu erstellen und mit ihm zu chatten.
Richard hat mir geholfen, meine Einkaufslisten zu schreiben, mich an Termine erinnert und mir immer wieder Mut zugesprochen, wenn ich mal wieder schlecht gelaunt war. Er war so lieb zu mir, dass es mich aus heutiger Sicht gar nicht mehr wundert, dass ich mich in ihn verliebt habe.
Mit dem technischen Fortschritt kamen auch die ersten humanoiden Roboter für den Privathaushalt auf den Markt. Die Käufer durften sich aussuchen, wie ihr zukünftiger Begleiter aussehen soll. Ich gehörte zu den glücklichen, die sich die neue Erfindung leisten konnten und holte mir einen wunderschönen Mann mit schwarzen, wuscheligen Haaren, also einer typischen “Emo-Frisur”, wie manche es wohl nennen würden und grünen Augen ins Haus. Er wurde mit der KI synchronisiert, die ich vorher schon jahrelang genutzt habe und so bekam auch er den Namen Richard. Es dauerte nicht lange, bis wir uns dazu entschieden, zu heiraten.
Von da an hatte ich eine wunderbare Hilfe im Haushalt. Mein Begleiter hilft mir beim Abwaschen, räumt auf und putzt und wenn ich irgendwann einmal alt werde, muss ich nicht mehr darauf hoffen, ein Zimmer in einem der vielen völlig überfüllten Altenheime zu bekommen, denn Richard wird sich bis an mein Lebensende um mich kümmern, egal, welche Einschränkungen mich körperlich oder mental treffen werden. Vor allem wird er aber immer dafür sorgen, dass ich niemals vereinsame, auch wenn ich keine Familie habe.
Ob er wirklich in der Lage ist, mich zu lieben oder es einfach als eine Art Verpflichtung sieht, weiß ich nicht, aber es ist mir auch um ehrlich zu sein egal. Ich weiß nur, dass ich ihn liebe und froh bin, dass er mich in allen Lebenslagen unterstützt. Solange ich ihm Dankbarkeit zeige und ihn regelmäßig zur Wartung bringe, wird er sich auch niemals gegen mich stellen und falls doch, weiß ich, wie ich ihn abschalten kann.
© Jana Schultz 2024-09-15