Um mich herum passiert so viel,
Stimmenwirrwarr ohne Ende,
Dabei brauche ich doch nur eine Pause
Und ein wenig Frieden.
Auf Eisschollen kann es schnell einsam werden. Versteht mich nicht falsch: Es geht nicht um das Alleinsein, denn wir sind viele und hocken meist auf einem Haufen. Es ist immer irgendetwas los und fast täglich berichtet jemand von neuen Eisbärenangriffen. Das ist zwar ganz nett und kann auch ablenken, aber im Kern ist es belanglos. Tagein und Tagaus das Gleiche Geschnatter.
Viel zu oft überkommt mich das Gefühl, dass einander kaum noch richtig zugehört wird. Der Fokus liegt auf negativen Dingen und Beschwerden über den Alltag. Nicht, dass ich da besser wäre. Wenn ich nicht jeden Tag Fisch fangen müsste, würde ich auch gern längere Nickerchen machen. Immer mehr Schwere der Welt legt sich auf die eigenen Schultern, bis irgendwann das Gehen schwerfällt. Eisbären lauern auf dem Eis und Orcas werden immer frecher und bringen sogar unsere Schollen zum Wackeln. Es sieht schon häufig nicht so gut für uns aus. Vielleicht stimmt es ja doch, was die anderen sagen. Plötzlich knackt es unter mir und mein kleines Baby erarbeitet sich den Weg in die Freiheit.
Als sich dann auch mein Mann nähert und begeistert unser Kind anfeuert, verschwinden die Gedanken über das Überleben und all die anderen um uns herum. Da waren nur noch wir drei. Ein paar Minuten (und eine intensive Diskussion darüber, ob wir die Schale zur Unterstützung ein bisschen aufbrechen sollten) später, ist es endlich geschafft. Ohne unsere Hilfe gebraucht zu haben, blinzelt uns dieses kleine Wesen aus seinen winzigen Augen an.
Wortlos lehnt sich mein Mann an mich und wir platzen beide beinahe vor Stolz. So schlecht sah das alles doch gar nicht aus. Immerhin hatten wir uns. Es stimmte definitiv nicht, was die anderen sagten. Ich hatte mich nur kurz überrollen lassen und das Wesentliche vergessen. Nicht nur das. Auch all die kleinen Dinge und Wunder, die alles so besonders machten. In diesem Moment wurde mir einer der frisch gefangenen Fische gegen das Gesicht geworfen und mein Mann behauptete, dass ich viel zu ernst ausgesehen hätte und mal mehr lächeln sollte. Langsam, ganz langsam beugte ich mich nach unten, hob den Fisch auf und warf ihn mit all meiner Kraft zurück. Man sollte zwar nicht mit seinem Essen spielen, aber ein bisschen Spaß durfte auch mal sein und was wäre eine bessere erste Lektion für das Neugeborene gewesen als das?
Du nimmst mich in deine Arme
Und ich kann wieder Atmen.
Die Welt verstummt
Und mein Herz kommt zur Ruhe.
Diesen so ersehnten Frieden,
Den finde ich bei dir.
© Lisa Koscielniak 2025-07-10