by ONI
Ich habe eine Hautkrankheit.
Meine Haut löst sich langsam ab und Schuppen perlen von meinem Gesicht ab, als wäre ich ein Reptil. Der Hautarzt hat mir eine Salbe verschrieben und es hat geholfen. Er meinte, es würde vom Stress kommen.
Es breitet sich aus.
Irgendwann habe ich in den Spiegel gesehen und bemerkt, dass ich es nicht aufhalten kann. Meine Lügen, die ich so sorgfältig gestrickt habe, all die Jahre. Sie machen mich langsam aus und sind nun ein Teil von mir. Ich lerne mit diesem Stress umzugehen, doch mein Körper kann es nicht.
Es erdrückt mich.
Alles um mich herum scheint zu zerfallen, wie die Haut sich langsam von meinem Gesicht löst, bis nichts mehr als rote Flecken übrig bleiben und mein wahres Gesicht zeigen. Ein Anblick, der abschreckt, der sich nicht hinter Lügen verstecken kann.
Meine Maske fällt.
Ich sehe tatenlos zu, wie sie langsam zu Brüche geht, meine sorgfältig verwobene Maske der Lügen. Was kann ich dagegen tun? Ich bin ein netter Mensch, oder etwa nicht? Ich habe es immer versucht, allen um mich herum recht zu machen, nur um dann selbst daran zu zerbrechen.
Ich schäme mich nicht mehr.
Sollen sie alle mein wahres Gesicht sehen, sollen sie sehen, was sie aus mir gemacht haben. Ein kaputtes Gesicht unter einer lächelnden Maske. Eine verlorene Seele, die krampfhaft an diese falsche Wahrheit glaubt. Ein lieber Mensch, zerbrochen an der Realität.
Mein wahres Gesicht.
Nun sieht es jeder, ich trage diese Flecken mit stolz und Zufriedenheit, denn ich habe sie akzeptiert. Die Lügen waren ein mal und meine Maske liegt nun hinter mir. Ich sehe, wer übrig geblieben ist, wer mich trotz dieser kaputten Visage noch liebt. Denn wir erschaffen nicht nur unsere Dämonen selbst. Wenn wir lange genug mit ihnen leben, werden wir zu ihnen. Sie fressen uns auf, machen unseren wahren Charakter aus und tragen es in die Öffentlichkeit, ob du willst oder nicht. Auch du trägst einen Dämon, trage ihn mit stolz, denn das bist du.
© ONI 2021-04-23