Mein Weg! -33- Kanada und die Key Stone Bar

TomTom

by TomTom

Story
Europa 1971 – 2025

Die Grundausbildung war nicht das, was ich erwartet hatte – aber genau das war ihre Stärke. Sie hat mich gezwungen, mich auf neue Art mit mir selbst auseinanderzusetzen. Ich habe gelernt, wie viel man leisten kann, wenn man die eigenen Grenzen verschiebt – nicht mit Kraft, sondern mit Kontrolle.

Doch nicht alles war eintönig. Der absolute Höhepunkt meines Bundeswehrjahres war zweifellos mein Auslandseinsatz in Kanada. Noch heute spüre ich, wie sich in diesen Wochen eine Tür öffnete, hinter der das graue Einerlei des Kasernenalltags plötzlich bunt und lebendig wurde.

Wir landeten in einem Ort, der in seiner Weite und Naturgewalt einfach atemberaubend war – endlose Wälder, kristallklare Seen und eine frische Luft, die sich ganz anders anfühlte als die staubige Luft in Nienburg. Dort, mitten in dieser beeindruckenden Landschaft, trainierten wir gemeinsam mit Soldaten anderer Nationen. Es war fordernd und anstrengend, aber zugleich aufregend, immer wieder Neues zu lernen und sich mit anderen Einheiten auszutauschen. Dieses Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, hat mich tief berührt.

Nach den langen, harten Trainingseinheiten gab es einen Ort, der für mich zur kleinen Oase wurde – die Key Stone Bar. Ich erinnere mich genau, wie ich zum ersten Mal durch die Tür trat: Ein kleiner, rustikaler Pub mit dunklem Holz, der sofort Wärme ausstrahlte. Die Luft war erfüllt von dem Gemisch aus Bierdunst, Lachen und der Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte. Überall schienen Menschen miteinander zu reden, Geschichten zu erzählen, einfach das Leben zu feiern.

Die Kanadier dort waren unglaublich herzlich und offen. Besonders die jungen Frauen – freundlich, charmant und voller Lebensfreude – sorgten dafür, dass wir uns schnell willkommen fühlten. Es war, als ob die Bar einen unsichtbaren Schutzschild gegen den Militärstress bildete, als ob die Zeit dort langsamer verging und wir für einen Moment Könige waren, frei von allen Sorgen.

Die Abende in der Key Stone Bar wurden für mich zu einem rettenden Anker, einem Ort, an den ich immer wieder zurückkehrte, wenn die Einsamkeit und die Härte des Soldatenlebens zu drücken begannen. Dort lernte ich nicht nur neue Menschen kennen, sondern spürte auch, wie wichtig es ist, kleine Fluchten zu schaffen – Momente, die das Herz berühren und Kraft schenken.

Dieser Einsatz hat mich geprägt. Er hat mir gezeigt, dass hinter jeder Uniform ein Mensch steht, der Gemeinschaft, Freude und einfach das Leben braucht. Und noch heute, wenn ich an Kanada denke, sehe ich die warmen Lichter der Key Stone Bar vor mir, höre das Lachen, schmecke das kühle Bier – und fühle mich ein Stück weit wieder frei.


© TomTom 2025-07-08

Genres
Biographies
Moods
Abenteuerlich, Emotional, Hoffnungsvoll, Inspirierend, Unbeschwert
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