In einer meiner schlaflosen Nächte besuchte ich meine verschiedenen LebensGärten. Und wieder einmal war ich überrascht. Überrascht, in wie vielen Gärten ich zu Hause war. Verwurzelt. Wie leicht es mir fiel, meine Wurzeln aus der Erde zu ziehen und wieder neu einzuwurzeln. Der Dünger war Veränderungsbereitschaft.
Meine Schlafhöhle inmitten meiner Bücherregale schenkt mir nicht nur Geborgenheit, sie ist auch sehr praktisch. Ich drehe mich zur Seite und habe mit einem Griff drei Bücher über Gärten zur Hand.
Die Verbindung Garten und Bücher – Hand in Hand – von Beginn meines Lebens an.
In der Erzählung „Gartenkind“ schrieb ich:„Heute habe ich mir meine Puppe Lisa und mein Lieblingsmärchenbuch mit auf den Baum genommen. Ich gehe zwar noch nicht in die Schule, aber lesen kann ich schon.“ Zu der Zeit saß ich in der Astgabel eines Apfelbaums, war fünf Jahre alt, und hatte begonnen Wörter vom Baum zu pflücken.
Heute, in meinem jetzigen Garten, sitze ich nicht mehr auf dem Baum. Jedoch sitze ich täglich unter meinem Nussbaum und pflücke weiter Wörter aus den Bäumen und den Wolken.
Gespeicherte Erinnerungen.
Ich nehme das Buch von Hermann Hesse mit den Gedichten und Erzählungen, den von ihm gemalten Bildern von seinen Gärten zur Hand. „Freude am Garten“ist der ansprechende Titel.
Und dann noch die zwei Bücher von Barbara Frischmuth:„Der unwiderstehliche Garten. Eine Beziehungsgeschichte“und„Fingerkraut und Feenhandschuh. Ein literarisches Gartentagebuch“.
„Die Beschäftigung mit Erde und Pflanzen kann der Seele eine ähnliche Entlastung und Ruhe geben wie die Meditation“ schreibt Hermann Hesse.
Während ich dies schreibe, mache ich einen Blick über meinen Computer hinaus in meinen „wilden“ Garten. Jeden Tag freue ich mich über unseren wilden Garten.
Der Dichter, Autor und Umweltaktivist Gary Snyder lebte zwölf Jahre in Japan, um Zen-Buddhismus und Japanisch zu studieren. Zurück in Amerika, baute er sich ein Haus in einem Indianerreservat, wurde Professor und Ökoaktivist.Er schreibt:
„Die Welt ist Natur, und auf lange Sicht ist sie unweigerlich wild, denn das Wilde ist auch eine Ordnung der Unbeständigkeit. Auch unser Geist ist wild, er bestimmt über sich selbst und entscheidet, wohin er geht, und wir müssen lernen, wie wir ihm folgen können“.
Ich bin ihm gefolgt, meinem wilden Geist – ein Leben lang. Aus meiner „Datenwolke“ beginnen Geschichten zu purzeln.
LebensGeschichten in den einzelnen LebensGärten – eine Liste:
1950 Kindheitsgarten – Großmuttergarten, St. Pölten
1968 Schwiegermuttergarten, St. Pölten
1980 Die Wiese neben dem Hochhaus, St. Pölten
1986 LiebesGärten – Botanischer Garten und Oberes Belvedere, Wien
1987 Garten in Poppi, Toskana
1989 Garten im alten Lehmhaus, Weinviertel
1991 Garten in der GrĂĽnentorgasse, Wien
1996 Garten in der Ungargasse, Wien
2014 Muttergarten, St. Pölten
2018 Altenwohnsitzgarten, St. Pölten
Da wollen noch viele Geschichten erzählt werden.
© Monika Krampl 2021-04-13