Mit Hund und Kegel

Zum ersten Mal mit Hund auf Urlaub! Ich wollte ja nie wirklich einen Hund. Besonders meine Tochter hat mich immer wieder angefleht, ob wir nicht einen Hund haben könnten. Als Kompromiss wurden Rennmäuse angeschafft, die aber nicht alle kompatibel miteinander waren. Das bedeutete: drei Kinder, fünf Rennmäuse, drei Käfige! Glücklicherweise ist die Lebensdauer von Mäusen sehr überschaubar. Nach deren Ableben bekam meine Tochter einen Hamster, die bekanntlich auch nicht sehr lange leben.

Dann kam Corona und meine Tochter, mittlerweile im Teenager-Alter, schlitterte in eine schwere Depression. Mit professioneller Hilfe fand sie langsam einen Weg aus der inneren Dunkelheit. Ein Hund würde ihr bei der Genesung sehr helfen, meinte sie nun hoffnungsvoll. Ein Hund für die Seele! Aber ebenso ein eigenes Wesen, mit eigenen Bedürfnissen, der Notwendigkeit es zu betreuen und zu erziehen. Eine Riesenaufgabe! Trotz sämtlicher Warnungen aus meinem Umfeld (Bist du verrückt? Die Arbeit wird nur an dir hängenbleiben!), habe ich zugestimmt. Ganz wohl war mir nicht bei der Entscheidung. Aber nachdem meine Tochter so eine schwere Zeit durchgemacht hatte, wollte ich mein Bestmögliches tun, um ihr bei der Genesung zu helfen.

Kurz vor Weihnachten 2021 ist SIE dann bei uns eingezogen. Jane Eyre, so hat meine Tochter den schwarzen Königspudel genannt, ist schon fast ein Jahr alt, als wir das erste Mal im August mit ihr auf Urlaub fahren. Sie ist eine wache, lebendige Junghündin mit einer ausgeprägt sensiblen Seite und hat natürlich von der ersten Minute an unsere Herzen im Sturm erobert. Am Pressegger See in Kärnten beziehen wir unser hundefreundliches Quartier und erkunden gleich die Umgebung. Wir möchten Jane am Hundestrand das erste Mal in den See locken. Geheuer ist ihr das kühle Nass ganz und gar nicht, doch mit Leckerlis und gut zureden schaffen wir es endlich. Und wie sie schwimmt! Wir sind uns einig: Janes Schwimmversuche in der Nachmittagssonne sind der Höhepunkt unseres Urlaubs. Dass Janes erster Urlaub mit uns gleichzeitig ihr letzter sein würde, ahnen wir damals noch nicht.

Im Winter, als der erste Schnee fällt, beginnt Jane zu husten und Unmengen von Schleim zu produzieren. Schließlich wird eine krankhaft erweiterte Speiseröhre diagnostiziert, ein Megaösophagus. Dieser ist inoperabel. Es folgen tägliche Infusionen in der Tierklinik, um eine drohende Lungenentzündung aufzuhalten. Nach wenigen qualvollen Tagen schläft Jane mit nur 17 Monaten unter unserem Küchentisch, ihrem Lieblingsplatz, friedlich ein. Ein Schock für uns alle, besonders für meine Tochter. Ich bin besorgt, wie sie es verkraftet. Erstaunt stelle ich jedoch fest, wie sehr sie in den letzten Monaten innerlich gewachsen ist. Bei all der tiefen Trauer um ihre geliebte Seelenfreundin, sagt sie einmal zu mir: “Mama, ich glaube, es hat gerade Jane zu uns kommen müssen. Sie war in der schwersten Zeit meine größte Stütze. Durch sie geht es mir jetzt so viel besser.” Dankbar für diese kostbaren, gemeinsamen Momente, blickt meine Tochter nun wieder hoffnungsvoll in die Zukunft, schmiedet Pläne und genießt ihre Freiheit. Vielleicht wird sie sich wieder einmal einen Hund nehmen, aber wenn, dann erst viel später! ((Dezember 2021 – Februar 2023)