Zwei Anästhesiepflegekräfte in Schutzkleidung sprangen auf und hasteten auf uns zu. Ich kannte beide vom Sehen. Sie mich offenbar nicht. Sie fragten, ob ich einen Termin hätte. Ich fand die Frage etwas seltsam in Anbetracht meiner Situation. Welche Schwangere hat denn einen Termin? „Ja, heute um 16.00 Uhr wird mein Baby geboren, deshalb soll ich um zwölf Uhr in den Kreißsaal kommen.“ Verschobene Vorstellung. Ich erklärte etwas anders, warum ich da war. Mir wurde Fieber gemessen und ich musste einen Zettel ausfüllen. Spätestens jetzt war ich heilfroh, noch keine starken Wellen zu haben.
Ich bekam einen Mund-Nasen-Schutz, einen mit Ohrgummibändern. „Wir müssen oben anrufen, ob Ihr Mann angemeldet ist und mitdarf.“ Mein Herz pochte. Doch nach dem kurzen Telefonat war es klar. Er durfte mit mir mitgehen. Nachdem er sich in eine Liste eingetragen hatte und ebenfalls mit einem MNS ausgestattet worden war. Ich freute mich so sehr. Mein inneres Kind schlug jubelnd Purzelbäume. Vor dem Kreißsaal empfing uns unsere Hebamme. Ich bekam ein schönes Zimmer und ziemlich schnell eine Tasse Wehentee in die Hand gedrückt. Er war heiß und vor allem eines, scharf. Obwohl ich tatsächlich keine große Lust auf Wellen hatte, würgte ich ihn brav hinunter. Denn die halbe Nacht gebärend wach zu liegen, wollte ich noch weniger. Ich fand, das Baby könnte ruhig abends schon da sein.
Am Gang sah ich eine andere Schwangere auf und ab gehen. Sie hatte genau wie ich einen Blasensprung, nur ohne Wehentätigkeit. Wen ich nicht sah, war ihr Mann. Der würde angerufen werden, wenn es „richtig“ losginge. Ich hatte kaum mehr Zeit, darüber nachzudenken. Es ging ab in den Kreißsaal. Als Zuckerl für mich erfuhr ich, dass heute zwei superliebe und tolle Gynäkologinnen Nachtschicht hatten. Optimal.
Kaum am CTG zur Herztonüberwachung des Kindes angeschlossen, wurden meine Wellen stärker, regelmäßig und kamen in immer kürzeren Abständen. Nur lag das Kind ungünstig. Mit dem Gesicht nach oben. Ich musste während der Wellen verschiedene Übungen machen, um dem Zwuck zur richtigen Drehung zu verhelfen. Es gelang. Im Kreißsaal neben mir schrie eine Frau. Sie würde bald damit aufhören, erklärte mir meine Hebamme. Die Anästhesistin war nämlich schon für eine EDA zu ihr unterwegs. Einige Zeit später wurde sie tatsächlich ruhig. Nicht bei uns. Hier ging es jetzt richtig zur Sache. Mein Körper war sowas von bereit. Ich hatte kaum Pausen, um mich wieder zu erholen. Meine Geburtsmeditation lief rauf und runter. Dann erinnerte ich mich schlagartig wieder an das Gefühl meiner letzten Geburt. Ich wusste, dass es jetzt überhaupt erst richtig losgehen würde. Die Tränen schossen mir in die Augen und ich legte den Mund-Nasen-Schutz ab.
© Sandra Elisa Haiden 2021-08-01