Mobbing. Selbstzweifel. Suizid.

Rhea S-

by Rhea S-

Story

Es war der Sommer 2009, als meine Mutter entschied mit mir und meinen beiden Schwestern einen Neuanfang zu wagen. Zwei Stunden Autofahrt entfernt. Ich hatte eine tolle Klasse, wir waren Kinder. Es war egal wer was anzieht und wie man aussah, woher man kam und noch mehr egal war die Herkunft. Wir hielten immer zusammen. In meiner damaligen Kopfwelt existierte nichts anderes. Sie war heil, vollkommen und neugierig aufs Leben. Das dass nicht überall so ist, “lernte” ich dann schnell.

An meinem ersten Schultag in meiner neuen Klasse war alle noch ganz okay und normal. Ich war eine wenig zurückhaltend und es gab die klassische Vorstellungsrunde. “Mein Name ist Rhea und ich bin 10 Jahre alt.” sagte ich beschämt, drückte meine Finger ineinander und blickte zu Boden. Ich trug an diesem Tag mein Lieblingspullover, er war dunkelrot und hatte so ein richtig hässliches Muster über der Brust. Es bestand so aus gelb-orangen Hawaii-Blumen. Oder irgend so etwas. In unserer Klasse gab das Mädchen Myriam, sie hatte ein sehr hübsches Gesicht und begann direkt mit mir zu sprechen. Sie nahm mir ein wenig meine Angst von dem Unbekannten. Auch die Pause verbrachte ich mit ihr und sie zeigte mir den Schulhof. Schnell, merkte ich das sie keine Freunde hatte, da Luana, die beliebteste, auf mich zukam und meinte, ich soll mich doch ja nicht mit Myriam abgeben. Ich verstand keineswegs warum. Ich habe mir bis hier hin in meinem Leben überhaupt noch keine Geadanken gemacht jemanden mit Absicht auszustossen. Es tat mir sehr weh, jemanden so verletzt zu sehen. Und trotzdem versteinerte ich und traute mich nicht etwas zu sagen. Was ich bis heute bereue.

Meine Mutter brachte mir früh bei, das wir niemanden auslachen oder ausschliessen. Vorallem nicht wegen der Herkunft, was bei Myriam der Fall war. Warum bringen Mütter Kinder auf die Welt, ohne Absicht ihnen wirklich die wichtigen Dinge beizubringen. Das werde ich nie verstehen. Sie sind unsere Zukunft.

Lange Rede, kurzer Sinn. Nach einigen Wochen wurde ich trotzdem auch gemobbt. Ich weinte oft auf der Toilette. Einmal hat Mama mir mit ihrem letzten Geld neue Sneakers gekauft, die ich unbedingt wollte. Ich nahm sie mit zur Schule, wurde für sie ausgelacht und das schlimmste war, dass Elias, ein Schüler aus meiner Klasse sie in die Tonne geschmissen hatte. Sie wurde während der Schulzeit geleert und ich musste in Socken Nachhause laufen. Es brach mir das Herz, weil ich wusste Mama hat extra dafür gespart. Also erfand ich irgendeine andere Geschichte, damit sie nicht mitbekommt wie schlecht es mir ging. Zwei Wochen nach meinem elften Geburtstag versuchte ich mich aufzuhängen in meinem Kidnerzimmer. Ich hielt es nicht mehr aus. Mein Lehrer bekam es doch mit. Doch warum hat Herr Müller nie etwas zu meiner Mutter gesagt? Ich war in einer der wichtigsten Entwicklungsphasen meines Lebens. Man zeigte mir zu dieser Zeit nur wie unnötig mein Dasein ist. Alles was ich trug, was ich sagte, mein Gesicht, mein Körper, all das wurde mir zerstört. Mein eigenes Selbstbild existierte nicht mehr. Mit Vierzehn wurde ich wiederbelebt. Mit Achtzehn bekam ich meine Tochter die mich gerettet hat. Achtet auf eure Kinder, wie ihr wollt das sie auf andere achten.

© Rhea S- 2024-05-03

Genres
Biographies
Moods
Herausfordernd, Dunkel, Emotional, Hoffnungsvoll, Reflektierend
Hashtags