Moor and Moor

Andreas_Alltag

by Andreas_Alltag

Story

06.15 Uhr aufstehen, 06.45 Uhr Frühstück, 07.15 Uhr erste Therapie Moorpackung die Dritte (mittlerweile bin ich Profi und darf schon 20 Minuten genießen).

Ich bin bereits zum zweiten Mal beim netten Herrn Josef, einem richtigen Steirerbuam, saftig, bellend und mit Brillen wie Aschenbecher, die von seinen abstehenden Ohren gehalten werden. Die Stoppelfrisur ist entweder misslungen oder der Versuch, cool auszusehen. Aber man soll nicht über so Belanglosigkeiten scherzen, sondern sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Ich entkleide mich, bekomme ein großes Tuch, in dem selbst Julius Cäsar verschwunden wäre. Ich schreite also hohen Hauptes zur Streckbank (die Liege sieht wirklich so aus). Josef kommt mit 2 großen Kübeln Moor und beginnt den ersten auf der Liege zu verteilen. Seinem charmanten *bijde hijnlejgn* komme ich natürlich sofort nach, auch wenn ich leicht, ob des nicht geraden kühlen Moors auf meinem Rücken, kurz die Luft anhalte. Aber man(n) will ja nicht als Wiener Weichei daliegen.

Je eine Handvoll Moor auf die Knie, die Hüften, die Schultern und mit einem „Häjnde an die Hüften“ auch auf die Hände. Eingepackt, zugedeckt, Eieruhr gestellt und 20 Minuten schwitzen. Ich muss mich zusammenreißen nicht einzuschlafen, es ist ja erst 07.20 Uhr und ich hab‘ schon so viel erlebt.

Plötzlich steht Jo im Raum – „Ej ois ok bei ihna?“ Ja, ja es passt schon und Tschüß. Nach 20 Minuten ein Piepton, der mich aus dem Schlaf reißt. Das Unheil naht – Josef. Er schlägt die Decke zurück, danach die Folie und beginnt mit seinem – habe ich es zuvor eigentlich erwähnt – bis zum Ellbogen reichenden Gummihandschuh, mir das Moor vom Körper zu streichen.

„Aoufstehn bijde“ und ab in die Dusche. Doch es passiert mir das leidliche Missgeschick, dass ich beim Erheben aus der Kuhscheiße (sieht wirklich so aus) mit meiner rechten Ferse kurz in ebendiese tauche und beim Aufstehen zwei Bröckchen davon am Boden kleben bleiben. „No gehj, jejtzt hobn siej sijch eijnegsejtzt“, sprach Josef, doch ich bin schon in der Dusche, ohne auf meine totale Verschmutzung des Bodens zu achten.

Ich stelle mich, wie ich es ja bereits kenne, mit dem Gesicht zur Wand, die Arme seitlich des Körpers und geduldig auf den Strahl des Meisters wartend. Jo macht die niedrige Wand zur Dusche zu – ich fühle mich dabei wie ein Stier/Pferd oder Ähnliches in seiner Box. „Passt die Tejmparatur?“ – jaja passt, mach schon – und schon spüre ich das Wasser im Nacken. Gott sei Dank bekommt man nach der Rückensäuberung die Brause, um selbst Wasser anzulegen und das schwarze Gold von seinem Körper und aus jeder Ritze zu schwemmen. Man glaubt gar nicht, wo die Masse überall hinkommt.

Dann wickelt mich Jo noch in das römische Tuch und ich darf in einer Kabine nach ruhen, was ich um diese Zeit auch sehr genieße.

© Andreas_Alltag 2020-10-25

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