Jerome, mein lieber Sohn, dieser schlug ganz nach mir, ich fand mich in ihm wieder. Dann habe ich dieses Bild vor Augen, wie er in seinem Zimmer still aus dem Fenster blickt, neben sich das Klack, Klack, Klack des mechanischen Metronoms, ein Überbleibsel einer eingeschlafenen Blockflötenkarriere seiner jüngeren Schwester. Er hatte uns an diesem Tag um etwas gebeten, was selten vorkam, etwas von großer Wichtigkeit für ihn, alle seine Freunde besaßen so etwas und bastelten gemeinsam in Kellern und Garagen, an ihren Mopeds und Mofas, manche waren schneller als ein durchgegangenes Pferd und ich erinnere mich gut, wie ich damals entschied, entscheiden musste. Dafür ist nicht die Zeit, sagte ich und dabei dachte ich an das Geld, das nicht da war, für das Mofa, für den Helm, die Versicherung und dabei fürchtete ich mich vor der Angst, die ich haben würde und ich fürchtete mich vor Pferden, diesen unnahbaren riesigen Geschöpfen mit ihren schwarzen Augen, damals auf der Flucht vor dem Krieg. Er wurde später ein Gestalter von Welten, ein Traumerfüller mit Qualitätsgarantie, wie er es gerne nannte, wo er das wohl gelesen hatte? Er war nicht zimperlich mit Geschenken, Träume werden gut bezahlt, sagte er leise und lächelte dabei. Das alles dauert nur einen Gedankenblitz und dann bin ich wieder hier, höre das hölzerne Klack, Klack, Klack seiner Verse und diesmal schaue ich aus diesem Fenster, sehe, was er gesehen hat und verstehe. Alles zu wessen Zeit? Dann, mir zu Ehren oder als letzten Gefallen, ertönt aus unsichtbaren Lautsprechern meine Musik und bald wird es unruhig in den Bankreihen und alle erheben sich zum Singen. Es ist spät geworden, viel kann nicht mehr kommen, die Kerzen zappeln mit den wenigen Enkeln um die Wette und auch der Pfarrer, ich seh es ihm an und kann es ihm nicht verübeln, ist am Ende.
Alles zu seiner Zeit.
Draußen ist es dunkel geworden, der gelbe Laubteppich feucht vom Regen und vor der kleinen Kirche spannen sich die Regenschirme gegen den grauen Himmel. Ich möchte mich verkriechen, das hier zu einem würdigen Abschluss bringen und danach in den wenigen Bildern leben, die Morgen zu den anderen auf die Kaminsimse und in die Schrankvitrinen gestellt werden. Feuchte schwere Erde bedeckt meine Asche, ich bin endlich frei und schwebe wie ein Ballon irgendwo hin, nur weg von hier und unten wird geweint oder ratlos der Rest der zerrissenen Leine betrachtet und dann erkenne ich meinen Franz, so als ob nichts gewesen wäre und alles neu beginnen könnte.
© Michael Fallik_ARIIOOL 2025-06-30