by Julia Fritz
Kurze Zeit darauf war die Scheidung, allerdings ist mein Papa nicht erschienen. Meine Mama machte sich große Sorgen, dass sich mein Papa etwas antun könnte und sich umbringen würde. Mein Papa ist nach Wien gefahren und war bei meinen Großeltern in der Wohnung. Das Verhältnis war beiderseits sehr gut und er wusste vermutlich keinen Ausweg und wollte einfach untertauchen. Die Vermutung von meiner Mama hatte sich bestätigt. Meine Oma verständigte meine Mama und sie fuhr natürlich so schnell wie möglich nach Wien. Mein Papa hatte den Schritt zum Glück nicht gewagt, er sagte mir nach einigen Jahren: Er könne das nicht machen, denn er hat zwei Kinder in die Welt gesetzt und hat die Verantwortung für uns.
Einige Zeit verging, es kam zum zweiten Scheidungstermin und diesmal wurde die Ehe geschieden. Meine Schwester und ich mussten einmal vor Gericht aussagen, bei welchem Elternteil wir leben wollen und die Besuchszeiten wurden für alle vierzehn Tage am Wochenende fixiert.
Mein Papa ist bereits ausgezogen aus dem Haus und der neue Mann zog direkt bei uns ein. In dieser Zeit hatte mein Papa nicht viele Leute um sich, die ihn wahrscheinlich verstanden und getröstet hätten. Er wohnte einige Zeit im Elternhaus bei seiner Mutter, bis er zu Anne fand, die Exfrau von Fred, der bei uns eingezogen war, und der Mann den meine Mama kennengelernt hatte. Also kurz gesagt: ungeplanter Partnertausch!
Man muss wissen, meine Mama und Anne waren vorher befreundet. Sie nahm uns freundlich in der Nachbarschaft auf, denn wir waren ja neu hier und kannten noch nicht viele Leute. Die beiden Häuser von uns trennten gerade mal zwei Felder. Anne und Fred haben zwei gemeinsame Söhne.
Mit den Buben verbrachten wir sehr viel Zeit am Wochenende und in den Ferien. Meistens spielten wir stundenlang am Feld oder im Wald. Am Anfang ging alles noch recht gut. Fred sah seine Kinder alle vierzehn Tage und mein Papa natürlich auch uns. Aufgrund, dass wir quasi fast Nachbarn waren und mein Papa bereits auch bei Anne eingezogen war, wo er nun Mitgefühl und beide Trost füreinander fanden, wurde die Situation immer schwieriger und komplizierter.
Es ging um irgendeinen Geldbetrag, dass total ausgeartet war, sodass Fred beinhart das Ultimatum gesetzt hatte, entweder das Geld oder er will seine Kinder nicht mehr sehen.
Fred versprach meiner Mama immer das Blaue vom Himmel und so kam es zu einer Nacht und Nebel Aktion. Wir mussten erneut Umziehen und von unserem schönen selbstgebauten Haus ausziehen. Wieder neue Umgebung und Schulwechsel, neue Freunde suchen, und und und… Kurz vor Ostern sind wir dann ins neue Haus eingezogen. Von nun an holte Fred seine Kinder nicht mehr ab und sah sie auch nicht mehr.
© Julia Fritz 2020-09-14