by Maria Merimi
Nach anstrengender Reise liege ich tot müde in einem fremden Bett in einem fremden Land.
Es ist stock dunkel und ich habe keine Lampe an meinem Bett. Mitten in der Nacht werde ich davon wach, dass mir etwas Großes, Kaltes, Feuchtes von oben in mein Gesicht fällt. Ich bleibe ganz ruhig liegen und überlege. Ich kann kein Licht anmachen, denn dafür müsste ich aufstehen, das Moskitonetz an Seite schieben und zum Lichtschalter gehen. Dazu fühle ich mich aktuell nicht in der Lage. So liege ich eine Weile in Schockstarre. Dann versuche ich dieses Tier abzuschütteln. Wir sind nur durch das Moskitonetz voneinander getrennt. Immer wieder versuche ich dieses Tier abzuschütteln, habe keine Ahnung um was es sich hier handelt. Es ist keine Schlange, das merke ich schnell, ich tippe auf einen Frosch, aber es fühlt sich anders an, nicht so kompakt. Endlich verschwindet dieses Etwas und ich kann aufatmen. Ich bin mir nicht sicher ob es immer noch irgendwo in meinem Bett weilt, daher ist es schwer wieder einzuschlafen.
In diesem Moment fallen mir die Freunde in der Heimat ein und ich muss lachen. Bevor ich in dieses schamanische Centrum nach Salvador de Bahia reiste, gab es einige schöne Treffen mit den Freunden der Stadtteil Pinte. Am letzten gemeinsamen Abend sprach ich über meine Ängste bezüglich der bevorstehenden Reise und der neuen, unbekannten Welt. Ein wortgewandter Anwesender machte mir klar, auf was ich mich da einlasse. Er sprach über die Vegetation und die Größe der Tiere. Zur Erklärung nahm er seine Hände 1/2 Meter auseinander und deutete an, dass selbst die Spinnen so groß sind. Wir hatten viel zu lachen bei der Vorstellung, dass auch Frösche und Schmetterlinge nicht kleiner wären.
So hatte ich nun bereits in meiner ersten Nacht die Begegnung der anderen Art. Ich bin immer noch vor Schreck erstarrt. Was ist mir da auf mein Gesicht gefallen? Nach einer gefühlten Ewigkeit werde ich endlich aktiv. Ich nehme all meinen Mut zusammen und stehe im Dunkeln auf. Ich taste mich durchs fremde Zimmer und schaffe es ohne Zwischenfälle bis zum Lichtschalter. Habe immer noch das Gefühl irgendwo auf dieses Tier zu treten. Als das Licht endlich erstrahlt ist nichts zu sehen von einem Ungetüm.
Jetzt sehe ich mir die Umgebung etwas genauer an. Unsere Zimmer sind kleine Zellen, alle in einer Reihe hintereinander angeordnet, durch Zwischenwände getrennt. Sie haben keine eigene Zimmerdecke, sondern über das gesamte Schlafgebäude wurde ein Holz-Giebeldach errichtet. Ich leuchte in die Dachkonstruktion und sehe Dachbalken und Verstrebungen. Ansonsten sehe ich absolut nichts. So habe ich noch immer keine Ahnung was mich da in meinem Bett besucht hat.
Erst einige Tage später werde ich eine Entdeckung machen, die mich erschauern lässt.
© Maria Merimi 2021-03-12