Nervenkitzel

Hannes Zeisler

by Hannes Zeisler

Story

Gegen Ende meiner Dienstzeit in Zwettl gab es noch einen gemeinsamen Ausflug der Lehrerinnen und Lehrer der Volksschule und Hauptschule. Ziel war der Vogelbergsteig in der Wachau.

Um uns nicht allzu sehr anstrengen zu müssen, begannen wir die Wanderung von der Fesslhütte aus, wo wir uns kurz stärkten, talwärts. Ab er auch diese Strecke ist eine Herausforderung.

Teilweise ist der Weg durch Seile und Ketten gesichert und erinnert an einigen Stellen durchaus an alpines Gelände. Zwischen zerklüfteten Felsen zwängt man sich durch, immer aber einen wunderbaren Blick zur Donau und zur Burgruine Dürnstein.

Vor allem der Blick von der Felsenkante in die Wachau war an diesem strahlend schönen Junitag ein unvergessliches Erlebnis. Auf dem Gipfel des Schlossberges lud die Starhembergwarte zum Besuch ein.

Schön geordnet, einer nach dem anderen, stiegen wir abwärts. Vor mir hatte sich Kollegin Doris B. eingereiht.

Offensichtlich brachte sie wenig Bergerfahrung mit und agierte völlig unprofessionell. Sie drehte sich nämlich plötzlich um und meinte: “Ganz schwindelfrei bin ich nicht.” Eine Handlung, die jeder, mit etwas Erfahrung, verurteilt hätte. Willst du beim Bergsteigen sprechen, dann musst du stehenbleiben! Das ist ein oberstes Gebot!

Kaum hatte sie das gesagt, rutschte sie über eine Böschung hinunter, zum Glück noch vor dem felsigen Teil der Strecke! Es war eine nicht so steile Böschung, mit Laub bedeckt, und die Kollegin blieb einige Meter unterhalb des schmalen Weges liegen.

Der Direktor der Hauptschule Zwettl, Kollege D., und ich sprangen, so gut es ging, hinterher, immer darauf achtend, nicht selbst zu Fall zu kommen!

Als wir die Kollegin mit vereinten Kräften wieder auf den Weg zurück brachten, stellte sich heraus, dass bei dem Sturz die Uhr verloren ging, die sie von ihrem Mann geschenkt bekommen hatte!

Zum Glück war sie nicht verletzt und konnte die Wanderung dann mit aller Vorsicht und Konzentration beenden.

Bei mir hatte sich bei der Rutschpartie die Sohle vom rechten Schuh gelöst. Notdürftig befestigte ich sie mit meinen Schuhbändern und konnte so die Wanderung – mit leichter Behinderung – fortsetzen.

Den Abschluss bildete ein Heurigenbesuch in Dürnstein. Dort wurde die “Rettung” der Kollegin gebührend gefeiert!

© Hannes Zeisler 2020-07-31

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