Wir hatten geheiratet und unsere Flitterwochen in einem Nobelhotel in Acapulco verbracht. Auf der Geburtstagsparty meines besten Freundes und früheren Studienkommilitonen Alexander, hatten wir uns zwei Jahre vorher kennengelernt und es war Liebe auf den ersten Blick. Sie war zusammen mit einer Freundin von Alexander eingeladen und als er sie mir als seine frühere Schulfreundin Alexa Holton vorstellte, funkte es auf der Stelle. Sie war Pharmazeutin, Deutsch-Amerikanerin und hatte eine gut dotierte Stelle in einem großen Unternehmen in Frankfurt. Ich selbst hatte mein Architekturstudium ein Jahr zuvor abgeschlossen und arbeitete zusammen mit meinem Freund Alexander im Architekturbüro seines Vaters Max Stahlschmidt. Endlich war mir das Liebesglück nach vielen Enttäuschungen wohlgesonnen, dachte ich. Einen tollen Job in der Tasche und eine Traumfrau an meiner Seite. In diesem Sommer, als ganz Deutschland nur nach Südafrika auf die Fußball-Weltmeisterschaft schaute, lernten wir uns richtig kennen und lieben. Unsere Hormone führten wahre Höhenflüge durch und unsere gemeinsamen Interessen ließen erkennen, dass das Schicksal uns zusammengeführt haben musste. Noch nie hatte ich eine Frau mit einer solchen Sinnlichkeit und Feinfühligkeit erlebt. Überall wo ich mit ihr hinkam, sah ich die neidischen Blicke der Männer, wie sie ihren Körper vermaßen und ihre Fantasie spielen ließen. Alexander meinte einmal zu mir, dass ich gut aufpassen müsste. Alexa wäre schon in der Schule der Schwarm aller Jungs gewesen, auch seiner, Alex und Alexa, dazu noch intelligent und aus einem vermögenden Elternhaus stammend. Aber sie hätte alle abgewiesen und sich nur auf ihr Abitur und späteres Studium in den USA konzentriert. »Du hast das große Los gezogen, Julian. Mach was daraus!«, gab mir Alex zu verstehen und wir machten etwas daraus. Ein paar Wochen nach den Flitterwochen in Mexiko, die ein einziger Liebesrausch waren, bezogen wir unser neues Haus, das ich selbst entworfen und geplant hatte. Ein Niedrigenergiehaus wohlgemerkt und nur für Alexa hatte ich oberhalb des Gartens auf einer Empore einen Swimmingpool bauen lassen, der seinesgleichen suchte. Leisten konnten wir uns das Haus und Grundstück durch einen kräftigen Zuschuss meines Schwiegervaters Robert, der in Königstein mit seiner Lebensgefährtin wohnte und durch Immobilien vermögend geworden war. Meinen Teil brachten meine Eltern mit ein, die eine Villa in Hamburg verkauften, bevor sie saniert werden musste. So wurde der Grundstock für eine vermeintlich glückliche Zukunft gelegt. Nichts konnte dieses Glück trüben, glaubte ich.
In den Jahren zwischen unserem ersten Treffen und der Hochzeit war einiges passiert. Der Vater von Alexander erlag mit nur knapp sechzig Jahren einem plötzlichen Herztod und Alex übernahm den Chefposten. Ich unterstützte ihn und seine Familie mit allen Mitteln und Kräften und aus Dankbarkeit bot er mir schließlich an, sein Partner zu werden. Ein besseres Hochzeitsgeschenk konnte er mir nicht machen. Als wir aus Mexiko zurückkehrten und ich montagmorgens ins Büro ging, sah ich das neue Firmenschild an der Eingangstür: Architekturbüro Alexander Stahlschmidt & Julian von Borsody. Es ging steil nach oben und wir konnten uns vor Aufträgen kaum noch retten. Die Arbeit bestimmte ab diesem Zeitpunkt unser Leben.
© Wolfgang-Arnold Müller 2025-01-23