Nach einer schönen Schitouren-Saison ohne Unfall und ohne Lawinen ging es ab Juni wieder ans Klettern. Mit Chris ein paar leichtere, aber auch eine längere, schwierigere Tour mit Paul, meinem Bergführer. An der NW-Wand der Planspitze im Gesäuse. Eine klassische genussreiche Kletterroute in durchwegs rauem und festem Fels mit zwei sehr steilen Verschneidungen als Schlüsselstellen.
Nach dem Abstieg vom Gipfel trafen wir bei einer Rast in der Heß-Hütte einen alten Bekannten von Paul. Ein ausgezeichneter Bergsteiger und Kletterer, der auch einige Routen im Gesäuse erstbegangen hatte. Bei unseren Gesprächen über alle möglichen Berg- und Kletterabenteuer kamen wir auf eine Route am Kleinen Ödstein zu sprechen, die nach Meinung der beiden eine der schönsten im ganzen Gesäuse sein sollte. 17 Seillängen lang, im 4ten und 5ten oberen Schwierigkeitsgrad. Eine Genusskletterei mit vielen schönen Wasserrillen. Das klang verlockend, und der Plan für nächstes Jahr stand schnell fest. Wäre das vielleicht die Vorbereitung für das Unmögliche am Dachstein, die direkte Route zum Gipfel? Ich dachte nicht einmal daran.
Eine Kletterfahrt, die Chris und ich uns schon länger vorgenommen hatten und ein lang gehegter Wunsch von uns war, war dieses Jahr auch noch drinnen. Die Besteigung der Großen Bischofsmütze im Gosaukamm.
Wenn ich daran zurückdachte, wie ich vor ungefähr 25 Jahren die Gosaukamm-Umrundung (eine landschaftlich reizvolle und lange Bergtour) gemacht hatte, und dabei knapp vor der Hofbürgel-Hütte ein junges Pärchen vom Zustieg der Bischofsmütze mit einem Seil am Rucksack herunterkommen sah, da schaute ich ihnen damals etwas neidvoll hinterher. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass ich später selbst einmal klettern würde und diesen schönen Berg besteigen könnte. Jetzt war es aber so weit!
Den mäßig steilen Vorbau kletterten wir noch ohne Seilsicherung. Ab der ersten 4er-Stelle beim Einstieg, in die als Normalweg bezeichnete Kletterroute, seilten wir uns an. Es war eine schöne, nicht sehr schwere Kletterei, obwohl wir die 4 Stunden Zustieg schon ganz schön in den Beinen spürten. Wir kletterten durch die Mützenscharte und rauf auf den aussichtsreichen Gipfel der Großen Bischofsmütze auf 2454 Meter.
Das Panorama war beeindruckend. Auf der einen Seite der Dachstein mit seinen Gletschern im gleißenden Sonnenlicht, auf der anderen Seite die vielen schroffen Gipfel des Gosaukamms und unten die schönen Almen oberhalb von Filzmoos. Wenn man auf so einen Gipfel steht, dann weiß man wieder, warum man die Strapazen des Aufstiegs auf sich genommen hat.
Es kann manchmal vorkommen, dass Menschen, die nicht diese Leidenschaft für die Berge empfinden, uns fragen, warum man den unbedingt auf diesen oder jenen Berg hinauf will? Wir Bergsteiger und Kletterer antworten dann nicht mit langen Erklärungen, sondern sagen ein wenig philosophisch angehaucht: “Weil er da ist……”
Manchmal auch ein wenig angeberisch, aber selbstbewusst: “Weil ich es kann……”
© Josef-Paul Ecker 2025-02-17