Meine dunkelste Stunde erlebte ich, als mein Mann direkt vor den Augen meiner Tochter und mir zusammenbrach. Wir waren auf einer Buchmesse, schon fast am Ausgang, als es plötzlich geschah. Ich war wie erstarrt. Ich konnte nicht fassen, was gerade passierte.
Doch während ich wie gelähmt war, handelten andere. Eine Sanitäterin, die zufällig auf dem Heimweg war, begann sofort mit der Reanimation. Eine fremde Frau nahm mich in den Arm, hielt mich fest und sprach mir leise Mut zu. Ein junger Sanitäter kümmerte sich behutsam um meine Tochter, bis ihre Freundin zurückkam, von der sie sich kurz zuvor verabschiedet hatte. Dann traf der Krankenwagen ein und die Sanitäter übernahmen. Immer mehr Menschen blieben stehen, manche sprachen uns leise Mut zu – jung und alt. Natürlich gab es auch ein paar, die kalt ihr Handy zückten und filmen wollten. Doch sie wurden von beherzten Passanten schnell verjagt.
Ein zweites Rettungsteam kam hinzu. Eine Viertelstunde lang kämpften sie um das Leben meines Mannes. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als plötzlich sein Herz wieder zu schlagen begann. Er wurde sofort in die Uniklinik gebracht und operiert.
Inzwischen hatte jemand von der Messeleitung meine Tochter und mich zur Klinik gefahren. Wenig später erfuhren wir, dass sogar ein Hotelzimmer für uns gebucht worden war, in das wir jederzeit einchecken konnten.
Gegen Mitternacht kam die erlösende Nachricht: Die Operation war gelungen. Wir atmeten auf und fuhren ins Hotel. In den nächsten Tagen klingelte ständig das Handy – Verwandte, Freunde, alle boten Hilfe an. Ein Freund organisierte weitere Übernachtungen, mein Bruder brachte Kleidung. Und mein Mann erholte sich nach und nach.
So viele Menschen waren für uns da. Dafür werde ich ewig dankbar sein. Und heute weiß ich: Auch Gott war bei uns. Hätten wir das Messegelände zehn Minuten später verlassen, wären wir an einem abgelegenen Ausgang gewesen, ohne Hilfe. Wären wir schon auf der Heimfahrt gewesen, hätte mein Mann am Steuer gesessen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das ausgegangen wäre.
In meiner dunkelsten Stunde hat Gott seine Hand über uns gehalten. Und mitten in der Angst durfte ich erleben, wie viel Liebe und Hoffnung Menschen schenken können.
© Maeva Sonntag 2025-08-16