Wohin das Auge reicht Nackte, genau genommen nackte und halbnackte Männer! Und ich befinde mich weder in der Lobau oder auf der Wiener Donauinsel noch in einem Kärntner FKK-Camp, weit gefehlt, ich sitze in meinem Schlafzimmer auf meinem Bett … und schaue …
Vis-a-Vis tummeln sich mehr oder minder ansehnliche, jüngere und ältere Zeitgenossen und frönen der Freikörperkultur. Und das hat überhaupt nichts mit den von Tag zu Tag ansteigenden Temperaturen draußen zu tun. Seit knapp 20 Jahren wohne ich im 9ten, in diesem klassischen Altbau mit Blick auf den Donaukanal, mit drei Zimmern, die in einen großen, begrünten Innenhof gehen. Und da sind sie – meine Nudisten-Nachbarn!
Gleich vorweg – ich bin keine Voyeurin! Zugegeben auch keine Kostverächterin – welche Frau schaut nicht gerne zweimal hin, wenn sich ein gut gebauter Mann, ein gestählter Körper, Marke klassischer Achill, spontan und unvermittelt anbietet, von Kopf bis Fuß – dazu noch heimlich – begutachtet zu werden?! Ladies, wir verstehen uns …
Meine männlichen Hausgenossen hingegen, insgesamt fünf Kerle in fünf verschiedenen Wohnungen, eher Marke „Oliver Pocher-Waschbärbauch“, präsentieren sich selbstbewusst und unverhohlen unbekleidet der Mitwelt. So, als ob Vorhänge und Rollos noch nicht erfunden worden wären, gehen sie ihren Alltagsbeschäftigungen von früh bis spät ohne Oberbekleidung nach. Und jeder, ob er oder sie es will, ob Sommer oder Winter, wird Komplize dieser Selbstdarstellung …
Am spannendsten ist immer die Zeit vor dem Zubettgehen, wenn es draußen schon dunkel ist. Da ist Nachbar Nr. 1, Wohnung 3. Stock, Typ Hipster mit Man Bun. Musiker bzw. Klavierspieler, nicht nur optisch eine Augenweide, sondern auch seine Eigenkompositionen 1A. Daumen hoch! In der Wohnung daneben, ebenfalls ein attraktiver Mann, der sich leider nicht scheut auch im Badezimmer Hand anzulegen. Ich kenne ihn auch beim Zähneputzen, beim Haarewaschen und am Klo sitzend. Zwischen uns beiden – fünfzehn Meter Luftlinie und sonst nichts … Daumen mittig!
In der Wohnung schräg darunter, 1. Stock, Nr. 3, wohnt ein ausgesprochenes Schnuckelchen mit Waschbrettbauch. Meistens ist er am Wochenende zu sehen, wenn er – splitterfasernackt – und bei Festbeleuchtung kocht! Ich hoffe, er verbrennt sich nicht … und seine (weiblichen) Gäste wĂĽrdigen den Einsatz … Ebenfalls Daumen hoch!
Nachbar Nr. 4 kenne ich seit Jahrzehnten, Wohnung 1. Stock. Scheint Autor oder Lektor zu sein, da seine Zimmer mit Büchern vollgestopft sind. In diesen 20 Jahren hatte er nur ein einziges Mal Damen-Besuch – seither kommt freitags immer ein Junge vorbei. Daumen mittig!
Seit kurzem habe ich nun eine neue, nicht sonderlich gelungene „Krone der Schöpfung“ unter meinen Nachbarn. Er trägt immer die gleiche, hoffentlich nicht selbe, schwarze Unterhose und steht stundenlang in seiner ganzen Pracht am offenen Fenster und starrt hinaus – zu mir! Einfach zum Wegsehen … Daumen runter!
Lust auf einen Besuch bei mir?!
© Helga M. Stadler 2020-06-09