Nur ein Traum

Horst Sammet

by Horst Sammet

Story

Träumen im Schlaf oder manchmal nur “ Tag-Träumen”, da wäre es doch wunderbar, könnte ich jeden Traum als Film noch einmal anschauen.

Bei meinen farbigen Träumen handelt es sich um die Guten, also Positiven, nur die schwarz-weißen sind zum Fürchten. Leider kann ich mich beim Aufwachen nicht immer daran erinnern, was vielleicht manchmal auch gut ist, und so vergesse ich das meiste wieder.

Schöne Erlebnisse bleiben aber erhalten, denn in meinen Träumen kann ich fliegen wie ein Vogel, unsichtbar sein, die Gestalt von Mann oder Frau annehmen und habe manchmal auch Superkräfte. Selbst die Sprachen aller Länder auf dieser unserer Erde und auch die der Tiere sind mir vertraut.

Sechs Tage in der Woche holt mich mein Wecker um 1 Uhr morgens wieder in die kalte, reale Welt zurück. Verschlafen reibe ich mir die Augen und langsam fangen Kopf und Körper an zu funktionieren.

Ich denke mir: Es war doch so schön, was ich geträumt habe und jetzt muss ich bei -10°C und Schneefall hinausgehen und wieder stark sein, denn die Arbeit in der Bäckerei wartet. Dort muss ich sofort von Null auf Hundert mit allen Sinnen präsent sein und noch bevor eine Viertelstunde um ist, eine Leistung von 150 % erbringen – einfach nur Stress.

Aber brav mache ich mich, wie jeden Tag, auf den Weg zur Arbeit und will eigentlich nur zurück in meine paradiesischen Träume, bei denen sich vielleicht auch ein kleiner Abstecher ins Schlaraffenland ausgeht.

Hoppala, mir ist so schummerig, der Kreislauf sackt ab und ich habe das Gefühl in mein Bett zurückzufallen. Schweiß perlt mir über die geschlossenen Augen und mein ganzer Körper ist nass. Gefühlsmäßig schwimme ich in einem warmen Thermalsee, liege auf dem Rücken, bewege mich nicht, komme aber trotzdem vorwärts.

Da heben mich unsichtbare Hände aus dem Wasser, tragen mich über eine wunderschöne Blumenwiese und ich schwebe immer höher zu den Wolken empor. Zurück schaue ich nicht mehr, das mache ich bei keinem meiner Träume und so geht meine Reise weiter Richtung Sonne. Es wird heller und wärmer, so dass ich mich in einer totalen Entspannungsphase befinde. Da ist es ganz leicht zu vergessen, was hinter mir liegt.

Der Schneepflug beginnt seinen Räumdienst heute bereits um 5 Uhr morgens und auf der Landstraße sieht der Fahrer am Strassenrand eine Person liegen. Der herbeigerufene Notarzt kann hier nicht mehr helfen – Herzinfarkt und aufgrund der niederen Temperaturen erfroren.

Der Fahrer des Rettungswagens ist blass, als er dem Notarzt mitteilt, dass er die Person kennt. Sichtlich erschüttert sagt er: Das ist unser Bäcker!

© Horst Sammet 2021-10-09

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