Ich bin seit fünf Tagen in Wien. Geplant waren zwei, aber wenn Not am Mann ist, dann helfe ich. Jedenfalls hütete ich zwei Enkel, drei und sechs Jahre alt. Geplant war eigentlich nur die Aufsicht über den Großen. Doch im Kindergarten ist die Influenza ausgebrochen, alles brauchen wir nicht, daher vergrößert sich meine Runde.
Ich bin ganz schön gefordert und freu mich über den Anruf meines Mannes. Er ist bei einem Seminar in Wien, hat Kopfweh, und streicht daher das Seminar. Als ich den Buben verkünde, dass der Opa kommt, ist der Jubel grenzenlos. Der Kleine holt sofort eine Milchschnitte als Willkommensgruß für den Großvater aus dem Kühlschrank. Sofort ist klar, Verstecken ist angesagt und sie werden als Monster den Großvater erschrecken.
Dem Opa verkünde ich, dass die Buben leider nicht da sind. Sie halten es nicht mehr aus, still im Versteck auszuharren. Mit Geschrei stürzen sie sich auf ihren Großvater. Jetzt wird gerauft und herumgetollt und alles gemacht, was lustig ist. Die Polster fliegen und irgendwann einmal ist für mich der Moment gekommen, Spielverderber zu sein. “Stopp!”, rufe ich”, “Was hast du denn, wir spielen ja nur”, erwidern meine drei Helden. Die Stimmung wird immer wilder, ich warte auf den Moment, in dem alles eskaliert, und sich entweder jemand weh tut oder etwas in Brüche geht.
Dann ist es auch dem Opa genug, “Schluss”, verkündet er. Die Buben “schlackern nicht einmal mit den Ohren”. Ich versuche sie, mittlerweile genervt, wieder auf ein normales Niveau zurückzuholen.
Keine Chance, Opa ist inzwischen gegangen, die Arbeit ruft. Das Vakuum, das er hinterlässt, versucht der Kleine zu füllen. Er übernimmt das Kommando, schießt mit Legosteinen und schreit: “Oma ins Gefängnis”. Als ich schimpfe, hält er sich die Ohren zu und ruft: “Oma, ich kann dich leider nicht hören”! Seine Aktivitäten steigern sich, der große Bruder” zerkugelt” sich, und als krönenden Abschluss dieser Einlage, reißt er sich seine Kleider vom Leib, verbeugt sich und streckt dabei seinen kleinen nackten Po in die Höhe.
Mittlerweile bin ich richtig grantig und höre die Sprüche der Buben: “War das ein lustiger Vormittag!” Um wieder am normalen Boden zu landen, bedurfte es noch einer Beule des Großen, einer schimpfenden Oma und eines plärrenden kleinen Monsters. Und es gab wieder die Gewissheit: Opa ist unser Held!
Das Leben ist nicht fair: Auftauchen, eine Stunde Blödsinn machen und “man” hat ein Image, das ich mein ganzes Leben nicht erreichen kann.
Erwartet habe ich mir, dass mir mein Mann hilft, ich hätte diese Hilfe dringend gebraucht. Sie war so selbstverständlich für mich, dass ich nicht einmal auf die Idee gekommen wäre, sie einzufordern. Mein Mann war der Überzeugung, dass er mir ja eh die Kinder abgenommen habe, wo sei das Problem?
Und die Buben werden wahrscheinlich noch im Erwachsenenalter darüber lachen, über diesen Riesenspaß.
Was gibt es Schöneres, als mit einem Opa solchen Unsinn zu machen!
© Elisabeth Adensamer 2020-01-27