Vom SĂŒĂgebĂ€ck namens Gebackene MĂ€use hört man heute nicht mehr viel, doch in unserer Jugend kam es noch regelmĂ€Ăig auf den Tisch. Man nehme Mehl, Germ, Butter, Zucker, Eier und so fort. Wenn der Hefeteig ausreichend aufgegangen und somit fertig ist, formt man mit einem Löffel Nocken daraus und gibt sie in heiĂes Ăl oder Schmalz, bis sie goldbraun sind. Staubzucker drauf â fertig!
Es klingt unwahrscheinlich, muss aber so gewesen sein: Unser Papa war ein Bub von etwa zwölf Jahren und ausnahmsweise mal allein zu Hause. Er war der JĂŒngste von vier Kindern, seine Mutter war vielleicht bei einer Freundin. In der Eisenbahnersiedlung gab es damals viele ausgewanderte SĂŒdtiroler, so wie sie und ihre Familie. Da war man froh, sich italienisch miteinander unterhalten und ein StĂŒck Heimat heraufbeschwören zu können.
Bis ins Alter war Papa stets ein guter Esser, als Kind erst recht. Mit zwölf ist man mitten im Wachstum und hat immer Hunger. Gebackene MĂ€use zĂ€hlten zu seinen Lieblingsspeisen. Und da er gerade Appetit darauf hatte, bereitete er einen Teig zu, so gut er es eben vermochte und wie er es bei seiner Mutter gesehen hatte. Germteig war es bestimmt nicht, das hĂ€tte zu lange gedauert. Er hat wohl eher eine Art RĂŒhrteig fabriziert.
Als das fette GebĂ€ck fertig war, stĂŒrzte unser Vater sich darauf und verschlang eine sĂŒĂe Maus nach der anderen. Doch irgendwann war er pappsatt und das schlechte Gewissen meldete sich. Was er tat, hĂ€tte seine Mutter nie erlaubt. War man auch nicht gerade arm, so mussten doch alle Lebensmittel sorgfĂ€ltig eingeteilt werden.
Was sollte er mit den ĂŒbrig gebliebenen Teilchen machen, damit unsere Omama nichts merkte? Kurz entschlossen entsorgte er sie â die Teilchen, nicht die Omama â beim Gartenabfall, oder wie man heute sagt: in der Biogrube. Als er sah, dass das GebĂ€ck auch dort nicht so richtig verschwand, fischte er es wieder heraus, riss es in StĂŒcke, die er den HĂŒhnern vor die SchnĂ€bel warf. Vor lauter Gier vergaĂen diese sogar zu gackern. Innerhalb kĂŒrzester Zeit war alles ratzeputz aufgepickt,
Als sie heimkam, wusste Papas Mutter sofort, was los war. Das sagte ihr zuerst die Nase, dann auch die Augen. Die KĂŒche war natĂŒrlich ein Schlachtfeld, wie es im Buch steht. Das notdĂŒrftig gereinigte Geschirr trug ebenfalls noch jede Menge verrĂ€terischer Spuren. Der Bub versteckte sich eine Weile, aber auf die Dauer half ihm das nicht. Er bekam wohl ein paar hinten drauf.
Foto: Kisoulou – unsplash
© Story_Sisters 2022-08-06