Das ist etwas, das kann man nur als Mann erleben. Nein, das ist wirklich so!
Als Frau geht das nicht.
Dort gibt es ausschließlich Männerkleidung. Anzüge, Sakkos, Hosen, Mäntel. Alles in kleinen Räumen zimmerdeckenhoch eng an eng gepackt und aufgehängt. Am hinteren Ende einer Seitenstraße in Sankt Georg. Am anderen Ende vom Steindamm aus gesehen. An der Moschee vorbei und dem schon immer dort gewesenen kleinen Italiener La Famiglia. Hier war schon in den Achtzigern Multikulti, wie man damals es eine Zeitlang nannte.
Enge Räume voller Männer-Business-Kleidung, bis unter die Decke. Ausreichend Verkäufer arbeiten dort, alles Männer. Selten, dass man länger warten muss. Sie haben dort richtig Ahnung, taxieren kurz deine Figur und schon steht man vor den passenden Größen. Die nach ein paar wenigen zielgerichteten Fragen herausgesuchten zwei oder drei Anzüge stimmen schon super mit deinen Vorstellungen zusammen. Der Preis passt hier ohnehin.
Für all das ist Policke bekannt.
Und ab geht es in die Umkleide. Das sind kleine oder größere mit einem leichten Vorhang abgetrennte Ecken im gleichen Raum. In den größeren ist man oftmals nicht allein. Woanders undenkbar, aber hier macht das nichts. Kennt man schon, wenn man schon mal hier war.
Oft war es der Vater, der einen hier beim ersten Mal eingeführt hat. Komm’, wir gehen zu Policke und kaufen dir deinen ersten Anzug! Oder sogar gleich den Hochzeitsanzug.
Was so angefangen hat im Leben, das hat alle Chancen zu bleiben. Eigentlich ist es schade, dass man in diesen Zeiten kaum noch einen Anzug oder eine schicke Kombination trägt. Erst wurden die Krawatten abgebunden, dann die Businesshemden mit T-Shirts ausgetauscht. Und schließlich blieben die Sakkos weg und man ließ die Jeans gleich den ganzen Tag an.
Das kann nicht gut sein für Policke. Aber da alles in Wellenbewegungen geht: Es wird schon wieder, nach ein paar Jahren trägt man zunächst wieder Anzüge und dann sogar Kravatten. Nur die nicht, die man noch ganz hinten im Schrank hängen hat.
Bleibt dran, ihr Leute von Policke!
© Wolfgang Bremer 2024-03-06