by Emma Weß
Ich liege am Pool und schwitze mir die Seele aus dem Leib. Das Wasser schwappt in regelmäßigen Abständen über den Rand und wieder einmal bin ich ganz allein mit meinem Schmerz. Weil du nicht da bist. Oder ich nicht da bin. Egal wie man es dreht, manchmal ist es einfach scheiße.
Ich drehe mich um, sodass die Sonne auf meinen Rücken brennt – den Kopf auf dem Gitter der Liege. Der warme Kunststoff riecht wie in allen Urlauben davor, aber diesmal ist es länger als ein Urlaub.
Plötzlich sticht der Entfernungsschmerz. Denn in einem gewissen Zustand tut es weh, dass du so weit weg bist. Oder ich so weit weg bin. Das passiert immer in Momenten der Ruhe: Hier am Pool will ich eigentlich entspannen, stattdessen denke ich.
Ich denke und schwitze und creme mich ein, aber meistens denke ich. Ich denke daran, wie ich nicht bei dir sein kann und bekomme Angst, etwas zu verpassen. Dich zu verpassen. Und die Angst dich zu verpassen, versaut mir den Pool-Tag.
Ich kenne dich nur noch übers Telefon. Nur noch so, wie du willst, dass ich dich kenne. Aus deinen Erzählungen und nicht von Erlebnissen. Und dann muss ich mir von Lea anhören, wie du wirklich bist, was du wirklich machst und wie du wirklich wirkst.
Und ich kriege das Gefühl, dass alle anderen dich mittlerweile besser kennen als ich. Weil sie dich erleben und ich dich nur höre. Ich habe nur deine Stimme, während die anderen alles von dir haben.
Jetzt fühlt es sich an, als ob die Sonne mich verbrennt. Ich richte mich auf und frage Marco, ob er mir die Schultern einschmiert. Natürlich macht er es. Und während ich mit dem Rücken zu ihm sitze und seine Finger über meine Haut gleiten, stelle ich mir vor, dass es deine wären.
Ich stelle mir vor, wie du mich berührst. Wie du meinen Bikiniträger zur Seite schiebst und die Flüssigkeit einmassierst. Und als du fertig mit dem Eincremen bist, küsst du meine Schulter und lehnst deinen Kopf an mich. Ich kann dich schon fast riechen, als ich merke, dass du nur Marco bist.
© Emma Weß 2022-05-09