Prokrastination

Ulrike Puckmayr-Pfeifer

by Ulrike Puckmayr-Pfeifer

Story
Weiden am See 2025

Der Duft von Kaffee kitzelt meine Nase. Ich öffne meine Augen. Die Sonne strahlt zum Fenster herein und verspricht einen schönen Frühlingstag. Der Himmel unendlich blau.

Noch sind Traumreste in mir, die langsam verblassen. Ich hole mich in die Gegenwart und stehe auf, dem Kaffeeduft in die Küche folgend.

Mein Mann hat Kaffee zubereitet und mir eine Tasse auf meinen Platz gestellt. Ich setze mich, nehme einen Schluck von der heißen schwarzen Flüssigkeit und fühle mich mit dem Tag, mit dem Leben verbunden. Mein Mann füttert die Katzen, die sich hungrig und miauend um die Futterschüsseln versammeln.

Drei haben wir: zwei schwarze Katzen und einen schwarz-weiß gefleckten Kater. Sie verschlingen gierig eine Dose. Ich schaue ihnen beim Fressen zu. Die Schüsseln sind bald leer geputzt. Blueji, die schwarze, besonders freiheitsliebende Katzendame verschwindet sofort wieder nach draußen zu ihren Abenteuern. Die andere schwarze Katze setzt sich auf meinen Schoß, kommt ganz nah zu mir hoch mit ihrem Kopf und schaut mir in die Augen. Ihr Schnurren ist schön, wohlklingend, beruhigend. Es wird immer lauter, das morgendliche Katzen-Schnurrkonzert, das ich so liebe. Kaffee und Katze. Schwarzer Kaffee und schwarze Katze, die mich behutsam in den Tag begleiten.

Während meine Hände immer wieder über ihr Fell streicheln, plane ich im Kopf meinen Tag. Dazwischen nehme ich immer wieder einen Schluck Kaffee, der meinen Gehirnwindungen den nötigen Schwung geben soll, um mich den Herausforderungen des Tages stellen zu können.

Aber noch genieße ich das süße Nichtstun mit Kaffee und Katze. Die Gedanken wirbeln in meinem Kopf herum in einem wilden Spiel jenseits der Realität im Reich der Möglichkeiten. Frei von Terminen und dringenden äußeren Anforderungen fühle ich mich dazu verurteilt, verpflichtet, aufgefordert, angetrieben, … ich suche nach dem richtigen Wort, das meine innere Gefühlslage treffend beschreibt. Aber keines fühlt sich richtig an, um diesen seltsamen Schwebezustand zwischen Denken und Tun wiederzugeben.

Mir fällt vieles ein, was ich machen könnte, müsste, sollte. Die Steuererklärung. Mir graut davor. Das Haus putzen. Ich bekomme einen undefinierbaren Druck in der Herz-Brust-Gegend. Meine Befunde ordnen, die ich morgen für meine Herz-Untersuchung brauche. Nicht wirklich mit einem Lustgefühl verbunden. Ein Buch lesen. Schwierig, da mir immer wieder meine Gedanken an zu erledigende Dinge in den Kopf kommen und den Leseprozess stören

Einstweilen wird es Mittag. Die Zeit zerfließt in meinen Händen, in meinem Denken, das alle möglichen Handlungen prüfend zerpflückt und sie nicht in die Wirklichkeit entlässt.

Der schwarze Kaffee ist längst kalt geworden. Die schwarze Katze ist nach draußen gegangen in die Sonne, in die Welt der Abenteuer.

Um meine innere Unruhe zu besänftigen, mache ich mir einen Arzttermin aus, beantworte zwei E-Mails und beginne, diesen Text zu schreiben.

© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2025-03-06

Genres
Novels & Stories
Moods
Herausfordernd, Emotional, Inspirierend
Hashtags