Wie riecht Vinyl eigentlich? Riecht es überhaupt? Auf jeden Fall liegt es gut in der Hand, so richtig gut. Und fühlt sich gut an. Man meint, die Musik aus den feinen Rillen heraus hören zu können.
In den Sechziger-, Siebziger- und teilweise Achtziger-Jahren war es das ganz normale Medium für Musik. Wir hatten alle unsere Schallplattensammlungen. Die Singles in Plastikheftern, mal mit Cover, mal ohne. Die großen LP’s bewahrten wir in Ständern auf. Dort standen sie, meist auf dem Fußboden, wo sich damals sowieso das Leben abspielte. Popmusik neben Rock – und Karl-May-Hörspielen. Später kam dann etwas klassische Musik dazu, und noch später ein wenig Jazz. Das Musikuniversum unserer Zeit.
Ganz schön teuer waren die Platten in Anbetracht unseres damaligen Taschengeldes. In den kleinen Elektro-Geschäften im Stadtteil und bei Karstadt in der Musikabteilung, wo man sich die Platten über Kopfhörer vorspielen lassen konnte. Da wir nur selten etwas kauften, guckten die aber irgendwann komisch, wenn wir immer wieder mit einem neuen Stapel zum Anhören kamen.
Aber die Rettung war nah: Irgendwann gab es Govi und Zweitausendeins. Die Preise fielen auf ein machbares Niveau. Das waren unvergessliche Nachmittage, wenn man mit der U-Bahn nach der Schule dort hinfuhr und stundenlang die Plattenregale durchschaute.
Hinterher noch eine Fünfzig-Gramm-Tüte mit aromatisiertem Vanille- oder Wildkirschtee kaufen und dann ab nach Hause. Um dort genüsslich die neue Platte auszupacken, auf den Plattenteller zu legen und sie konzentriert anzuhören.
Dann war irgendwann die CD da. 1988 habe ich mir den ersten CD-Player gekauft. Heute sind die kleinen silbernen Scheiben bereits wieder ziemlich out. So richtig Lust hat man nicht mehr, einer CD mit fünfzig bis siebzig Minuten zu lauschen, wenn man schon beim Starten sicher ist, ihr bestimmt nicht aufmerksam die ganze Spielzeit lang zuhören zu können.
In diesem Buch geht es um alle möglichen Facetten dieses unergründlichen Themas. Um Männer, die Platten kaufen – um Frauen natürlich auch -, um die Geschichte dieses Stoffes, aus dem viele Träume sind. Um Plattenläden und Nadeln. Um ganz subjektiv-persönliche Ansichten. Alles mit einem ernsten und einem nicht immer ernsten Blick auf die früher mal schwarzen, heute immer mehr bunten Platten und deren Welt. Die dazu noch ewig haltbar sind, man spricht von fünfhundert Jahren. Wie wunderbar, was für eine Nachhaltigkeit!
Zum Glück ist das Vinyl heute voll wieder da! Ein paar Secondhand-Plattenläden haben die Zeiten überdauert. Das sind wahre Helden!
Es lebe dieses Überbleibsel des analogen Lebens! Oder ist es ein Pionier für neue Zeiten?
© Wolfgang Bremer 2024-03-05