Mein Date hatte großen Hunger, aber nicht nach mir! Was will er denn essen, wollte ich wissen. Ich hätte auf vegan getippt, aber er war Allesfresser! Ich fragte mich, ob ich wirklich mit diesem giftgrünen Laubfrosch mit Kette um den Hals irgendwo essen gehen sollte. Die Leute würden uns sicher anstarren. Ich befürchtete, dass es aussieht, als hätte ich mir gerade einen Callboy für SM Spiele aufgegabelt! Prinz wird er wohl auch keiner, wenn ich ihn küsse!
Wegen seines unfreundlichen arroganten Gehabes wollte ich nicht weit mit ihm gehen, und auch kein Geld ausgeben. Eingeladen hätte ich ihn sowieso nicht! Innerlich übte ich mich in Sarkasmus: „Tja, da musst Du jetzt durch! Da kommst Du nicht mehr raus!“ Meine erste Wahl für sein Fresschen hatte Gott sei Dank geschlossen. Wie in Trance führte ich ihn zum nächsten Lokal in der Hoffnung, dass in Wien gerade alle Lokale geschlossen haben!
Krampfhaft versuchte ich Small-Talk zu führen: „Wie heißt Du wirklich?“ „Hermes!“ Antwortete er, als wäre ich zu blöd, mir seinen Namen zu merken. Ich dachte, was hat der für Eltern, wenn die ihren Sohn tatsächlich „Hermes“ taufen? Mit diesem Namen kann er doch nur schwul werden! Ich fragte: „Du kommst aus Puchenau? Gehst Du auch oft in Feldkirchen baden?“
Sein Handy klingelte! Anscheinend hatte einer seiner Freunde gerade Liebeskummer und war ganz in der Nähe. Hermes vertröstete ihn: „Du, ich kann jetzt nicht! Aber warte dort eine Stunde, dann komme ich hin!“ Ich nutzte die Chance, und quatschte ins Telefonat: „Du kannst eh jetzt sofort zu ihm gehen! Mir macht das gar nichts aus. Echt nicht!“ Hermes meinte zu dem Liebeskranken: „Ich komm doch jetzt sofort zu Dir!“ Er fragte mich, wo der Schwedenplatz ist. Wie immer war ich viel zu nett, und wollte ihn dorthin begleiten.
Plötzlich rief jemand: „Hermes!“ Als ich mich umdrehte, sah ich einen schönen jungen Afrikaner, der ihm aus 50 Meter Entfernung auf Englisch alles Mögliche zu rief. Hermes wollte nicht darauf reagieren. Er wurde irgendwie panisch. Als wir näher zu dem schwarzen Adonis kamen, wechselte Hermes plötzlich die Straßenseite, und blickte wie gebannt in eine Auslage. Ich begriff es nicht sofort und wollte ihm folgen, aber in der nächsten Sekunde war mir klar, er wollte nicht mit mir gesehen werden! Nach einem kurzen Blick zurück marschierte ich nach Hause. So ein Glück, dachte ich, obwohl es auch eine Frechheit war. Aber ich brauche mich nicht zu beschweren, dass ich ihn so schnell los geworden bin, und das ganz ohne Kosten und Zeitaufwand! Ich war ihm wohl viel zu alt, aber was dachte er denn wie man aussieht, wenn im Profil „41“ steht?
Nach zwei Stunden schrieb er mir: „Sorry, but the picture didn´t fit to the guy!“ Tja, auf meinem Foto im Profil lachte ich über beide Ohren. Also wirkte ich, wie ein richtiger Sunnyboy, oder eher „Sunnyman“. Hätte er mir einen Grund zum Lachen gegeben, hätte der den vom Foto getroffen! Natürlich ließ ich mich zu keiner Antwort herab, und hakte das Kapitel „Hermes“ damit ab!
© Walter Weinberg 2020-08-05