Rebel Woman

Caroline

by Caroline

Story

In Zeiten des Wandels sind es meist überraschende, berührende Erlebnisse, die mir ganz besonders in Erinnerung bleiben. Sie tauchen auf wie Inseln mitten im Ozean – zwischen Abschlüssen und Neubeginn – und helfen mir dabei, ganz in den Fluss der Veränderung einzutauchen. Altes loszulassen und die Ahnung des Neuen mit der Morgenluft zu schnuppern.

Eines dieser Erlebnisse des Übergangs möchte ich mit euch teilen. Ich habe aus vollstem Herzen getanzt, geschwitzt und die kühle Luft des nächsten Tages geatmet.

Es war eine Abschlussfeier meiner internationalen Ausbildung. Nicht meine eigene, sondern das Ende eines Trimesters, nachdem uns einige lieb gewonnene Kolleg:innen aus der ganzen Welt verlassen würden. Die Stimmung schwankte zwischen großer Erleichterung der Graduierenden und der Wehmut, eine Community aus Gleichgesinnten zu verlassen. Mutige, engagierte, idealistische Menschen, die mir während des intensiven Studiums sehr ans Herz gewachsen waren.

Nachdem der offizielle Teil geendet hatte, das gemeinsame Essen geteilt war, und der Wein zu fließen begann, wurde die Stimmung immer ausgelassener. Die Musik lauter. Und bald hatte sich der erste Stock vollends in eine Diskothek verwandelt. Die Mischung der Musikstile war gigantisch, die Freude an der gelebten Vielfalt berauschend.

Da für einige Kolleg:innen die Abreise am Folgetag bevorstand, leerte sich der Saal jedoch einige Zeit nach Mitternacht. Die Musiksequenzen wurden länger. Anstelle eines schnellen Nummernwechsels kristallisierte sich ein Musikstil aus dem südlichen Afrika heraus. Eine faszinierende Sängerin, Klänge der Mbira, Rhythmus. Die wenigen noch verbliebenen Tänzer:innen folgten ihm mit Andacht und Begeisterung.

Ehe ich mich versah, war die Nacht verflogen. Wir tanzten, jeder für sich, und doch irgendwie zusammen, zu diesen bewegenden, tiefgehenden Klängen durch die letzten Stunden der Lehrzeit und die ersten des neuen Tages und der Zukunft. Selbstvergessen. Einfach im Moment. Und doch einer gemeinsamen Melodie und einem Tempo folgend, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.

Am folgenden Tag aßen einige Kolleg:innen und ich noch zusammen zu Mittag, bevor sie zum Flughafen aufbrachen. Das Gepäck schon bereit, letzte Umarmungen. Auf meinem Spaziergang nach Hause hing ich meinen Gedanken nach. Wehmut keimte in mir auf. Müssen Veränderung und Abschiede denn immer sein? Gerade dann, wenn es doch am schönsten war? Im kleinen Untermietszimmer angekommen, packte ich meinen Rucksack aus. Und fand am Boden meiner Tasche eine CD, die ich nicht kannte. Was war das? Mir gehörte sie bestimmt nicht. Das Album einer Sängerin aus Simbabwe. Der Titel: „Rebel Woman“. Eine Ahnung und ein Lächeln stiegen in mir auf. Danke.

© Caroline 2020-02-24

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