Es ist nun schon mehr als 30 Jahre her, aber heute fiel mir wieder ein, was ich damals erlebte: Ende 1992 musste ich mich einer schweren Darmoperation unterziehen. Alles verlief wie geplant, und ich erholte mich langsam wieder. Von der Pensionsversicherungsanstalt erhielt ich bald die Bewilligung für ein Heilverfahren im Rahmen der medizinischen Rehabilitation. 29 Tage durfte ich somit im Reha-Zentrum Aflenz verbringen. Aflenz bzw. Aflenz-Kurort liegt im Süden des Hochschwabmassivs und ist durch seine geschützte Lage klimatisch begünstigt und wird daher auch als Luftkurort bezeichnet. Das direkt in Aflenz gelegene “Rehabilitationszentrum Aflenz” widmet sich in erster Linie der Rehabilitation bei Stoffwechselerkrankungen, Adipositas und postoperativen Erkrankungen des Verdauungsapparates, so wie in meinem Fall.
Im Jänner 1993 bringt mich also gemeinsam mit anderen Patienten ein Bus nach Aflenz in der Steiermark. Je näher wir Aflenz kommen, umso mehr steigt meine Nervosität, da ich nicht weiß, was mich hier in den nächsten Wochen erwartet. Ich habe derzeit keine Schmerzen mehr, aber ich fühle mich nicht sehr fit und wiege noch immer einige Kilo weniger als vor der OP. Nach meiner Ankunft interessiert sich ein Arzt für meine Darmoperation und meine früheren Erkrankungen sowie meine aktuellen Beschwerden. Nach kurzer Untersuchung werden folgende Diagnosen festgehalten: Morbus Drohn, Eisenmangelanämie und ein _Cervicalsyndrom. Mit diversen Therapien (Fangopackungen, Bäder etc.) sowie einer gezielten Ernährung sollen sich einerseits meine Verspannungen lösen, und andererseits soll ich doch einiges an Gewicht zulegen. Mein Zimmer ist sehr gemütlich, ich bin aber Untertags oft im Ort unterwegs, mache kleinere Einkäufe oder fülle einen Lottoschein in der Trafik aus (was mir schon mal 50 Schilling gebracht hatte).
. Gegen den Eisenmangel hat man mir ein spezielles Medikament verschrieben. Ich nehme es nach dem Abendessen zu mir, aber leider sollte es sich herausstellen, dass ich dieses überhaupt nicht vertrage. Schon während des Einschlafens bekomme plötzlich Magen- und Darmschmerzen. Ich fühle mich nicht besonders gut. Noch dazu bekomme ich argen Brechreiz, der in Folge zu mehrmaligem Erbrechen führt. Erst spät nach Mitternacht finde ich endlich Ruhe zum Einschlafen. Am nächsten Morgen teile ich den Ärzten mein Problem mit, und es wird mir vorgeschlagen, das Eisenpräparat infundiert zu erhalten. Es sollte sich als gute Idee erweisen! Das Wetter zeigt sich meist von seiner besten Seite, d.h. strahlender Sonnenschein, angenehme Temperaturen und nur leichter Wind. Ich liebe es, jeden Tag auf tief verschneiten Wegen durch den glitzernden Schnee zu stapfen und die frische Luft zu genießen. Außerhalb des Ortes treffe ich nur selten Mitbewohner des Reha-Zentrums, aber es stört mich nicht, alleine herumzuwandern. An zwei Wochenenden bekomme ich Besuch von meiner Familie, also von meiner Gattin und meinen beiden kleinen Töchtern. Gemeinsam gehen wir rodeln und genießen das herrliche Wetter. Danach ist stets ein Besuch im Café angesagt, wo wir plaudern und Kaffee trinken können. Bald muss meine Familie wieder nach Hause aufbrechen.
© Johann Brückl 2023-11-02