âWollt ihr zwei mit mir den ersten Adventsonntag feiern?â, fragte Adele. Da gab es ein Kopfnicken und Hannes, der Ăltere, schnappte nach dem Kuchenmesser und schnitt drei sehr groĂe StĂŒcke von der duftenden Gibanica ab. Der Orangenpunsch ohne Alkohol und der Strudel schmeckten wunderbar und das Lachen der drei schallte durch das sonst so stille Haus.
âLiest du uns heute eine lange Adventsgeschichte vor?â, wollten Hannes und seine Schwester Christel wissen. Frau Adele lĂ€chelte und nickte mit dem Kopf â und schon ging es los: Es war einmal vor langer Zeit eine riesige Wolke, in der die zauberhafte Schneekönigin mit ihren unzĂ€hligen Schneeflockenkindern lebte. Jede Schneeflocke war einzigartig, aber die Schar verstand sich groĂartig und respektierte die manchmal strenge Schneekönigin.Â
Am Morgen gab es immer einen Radau, bis die weiĂen Wesen beim FrĂŒhstĂŒckstisch saĂen. Wenn dann endlich alle zulangten, dann hörte man nur ein Hmmm, denn das Essen schmeckte groĂartig. Die Ruhe dauerte allerdings nicht lange, denn anschlieĂend mussten die Schneeflöckchen zur Schule, wo sie ĂŒber den Wind, die Sonne, den Mond, die Wolken, den Regen und vieles andere unterrichtet wurden. Die Schneeflockenkönigin brachte ihnen mit viel Freude diese lebensnotwendigen Weisheiten bei, denn ihre SchĂŒtzlinge sollten im Winter ja gesund und munter auf der Erde landen, fĂŒr eine glitzernde weiĂe Schneedecke sorgen und den Kindern eine groĂe Freude bereiten.
Alle machten fleiĂig mit, auĂer Romy, die ihre Aufgaben nicht erledigte und die Ăbungen ĂŒberhaupt nicht zur Kenntnis nahm. Auch ihre Noten lieĂen zu wĂŒnschen ĂŒbrig. Die Schneeflockenkönigin ermahnte das kleine Wesen immer wieder, aber dadurch erreichte sie nur einen noch gröĂeren Widerstand. Wenn sie der kleinen Flocke eine Strafe auferlegte und hoffte, die Kleine wĂŒrde endlich zur Vernunft kommen, wurde sie noch bockiger.
Unter ihrem Bett machte es sich die widerspenstige Schneeflocke so richtig gemĂŒtlich, denn da hatte sie eine kuschelige Decke, eine Taschenlampe und einige BĂŒcher gelagert – und wegen der StoffrĂŒschen beim Bett war sie von den anderen sicher abgeschirmt. Seelenruhig schlief sie viele Stunden in ihrem Versteck, las spannende BĂŒcher und war stundenlang verschwunden. Ihre Kameradinnen suchten sie oftmals, aber diesen geheimen Ort entdeckten sie nie. Romy wollte auf keinen Fall den Schneeflockentanz erlernen, denn dann musste sie ihre wunderbare Wolkenwelt fĂŒr immer verlassen.
SchlieĂlich wurde es der Schneeflockenkönigin zu bunt. Ab diesem Zeitpunkt musste die Widerspenstige tĂ€glich mit ihrer Lehrerin ĂŒben und da konnte sie nicht entkommen. Sie hatte die Gebote zu befolgen, ob sie wollte oder nicht. Da gab es kein Erbarmen. Deshalb dauerte es nicht lange und Romy beherrschte den Schneeflockentanz aus dem Effeff und vor allem wusste sie jetzt, wie sie auf der Erde weich landen konnte. Aus diesem Grund war es an der Zeit, dass Romy ihre Lebensaufgabe erfĂŒllen musste!
© Christine BĂŒttner 2024-10-23