Über das Christkind haben meine Eltern nicht viel geredet. Sie haben uns Kindern nicht erzählt, dass uns das Christkind die Geschenke bringt, oder dass es irgendwo herumfliegt. Sie haben – so würde ich es heute sagen – dem Geheimnis der Weihnacht Raum gelassen. So konnte sich unsere kindliche Fantasie entfalten: für mich war das Christkind nichts Festes, nichts zum Angreifen, es war hell und glitzernd, es konnte erscheinen und im gleichen Augenblick wieder unsichtbar sein. Freilich man musste es schon einlassen: zB. durch das Kippen des Fensters. Für mich hatte das Christkind auch kein Alter. Es war mir kein Problem, wie es das schafft, alle Menschen gleichzeitig zu beglücken.
Was ich noch mit Weihnachten verbinde, das ist der Christbaum. Seinen unvergleichlichen Duft kann ich nur schwer beschreiben: er roch süß und fein, hell und glitzernd, wertvoll und besonders. Zartrosa Windbäckerei, in Stanniol gepackte Süßigkeiten und funkelnde Christbaumkugeln zierten ihn. Nach Honigwachs duftende Kerzen steckten in silbernen Clips. Der Christbaum war für mich Inbegriff von Freude und Überraschung.
Und was war dann noch? Die Geschenke. Als Kind wollte ich hauptsächlich Spielsachen. Gewand war eher eine Enttäuschung, genauso wie Bücher.
Beten und Singen gehörten zwar zum Zeremoniell, doch ich wartete immer geduldig auf das Ende, weil das Eigentliche für mich erst danach kam.
Gerne erinnere ich mich an die Krippenfiguren. Sie luden mich ein, sie genau anzuschauen: Der Hirt mit der Knickerbocker und dem Schaf auf den Schultern. Der braune Josef. Maria in einen blauen Mantel gehüllt. Und schließlich die Krippenhöhle aus einem Baumstamm, von Vati gezimmert; sie wurde innen von einem kleinen Lämpchen beleuchtet, dessen Schein genau auf das Jesuskind fiel.
Voll Zuversicht spürte ich als Kind: Wenn diese armen Leute damals glücklich waren, dann würde das Glück auch vor mir heute nicht Halt machen.
© Georg Fröschl 2021-12-06