Salzige Grüße vom Ende der Welt

Bluebabe

by Bluebabe

Story

Da bin ich also. Am Ende der Welt. Hier gibt es nichts außer Wald, Wiesen, Kühe, Kurgäste und Salzwasser. Und Fliegen. Die sind hier überall. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Bauernhof.

Ich habe Therapie. Heilgymnastik, Strom und Solebäder mit Kräutern. Ich darf zwischen anregenden Heublumen, pflegender Kamille, beruhigendem Lavendel, befreiendem Eukalyptus und belebendem Rosmarin wählen und sehe mich schon in Heublumen baden. Die Therapeutin wuselt zwischen den einzelnen Badekabinen hin und her und meint, ich könne da schon reingehen. Die Wanne ist vorbereitet. Ich stehe davor und suche die Heublumen. Da kommt der Befehl. “Gehen Sie ins Wasser!”Die Heublumen kommen in flüssiger Form aus der Flasche. Nach 15 Minuten ertönt der Abrüstbefehl. “Sie sind fertig!”

Am Nachmittag nehme ich ein Leihrad und fahre zu dem kleinen Laden. Dort trinke ich Kaffee und schreibe Ansichtskarten. Mit salzigen Grüßen vom Ende der Welt…

Ich halte es nicht mehr aus. Keiner spricht mit mir. Ich muss hier raus. Mein Sitzplatz im Speisesaal befindet sich hinter einer Säule. Nicht einmal das Personal sieht mich hier.

Ich spreche meine Zimmernachbarin an. Wir verabreden uns auf der Terrasse. Ein junger Mann kommt dazu- Jack. Wir trinken Wein und es wird endlich lustig.

Lendenwirbelsäulentraining in der Gruppe. Ich bin die Fitteste, ohne Übertreibung. Ein Mann kollabiert nach 2 Minuten beinahe, weil er am Rücken liegend Radfahren soll.

Jack ist da. Wir gehen spazieren. Er streicht sanft über mein Haar und meinen Rücken. Ich fühle mich lebendig. Wir schmusen ein bisschen. Es steht mehr im Raum. Wann hattest du das letzte Mal Sex, frage ich mich. Ich muss scharf nachdenken. Ich zögere. “Genieße den Augenblick und nimm an, was das Leben dir schenkt,”denke ich dann.

Aber: Ohne Kondom läuft bei mir gar nichts. Ich hab aber keines dabei. Jack auch nicht. Er hat Therapie. Ich radle zu dem Laden. Dort suche ich vergeblich die Regale ab. Also muss ich fragen. “Haben Sie keine Kondome?” “Wos wuins?” Hinter mir nähern sich 2 Männer. “Kndome!”presse ich hervor. “Sowos homma net. I kaunn owa wöche bestölln. Nächsten Dunnerstog sans do.” Heute ist Donnerstag. Ich flüchte.

Beim Mittagessen kommt Jack an meinen Tisch. “Es gibt hier nicht, was ich wollte. Kannst du in die Stadt fahren und es besorgen?” Das macht er. Eine Dame kommt auf mich zu: “Verzeihen Sie, ich bin hier die Geschäftsführerin und habe gerade Ihr Gespräch gehört. Was brauchen Sie denn, was wir hier nicht haben? Wir sind nämlich sehr um unsere Gäste bemüht.” Ich laufe rot an und versinke in den Boden. Es gelingt mir, das Gespräch in Richtung Fliegen zu lenken. Ein Kondomautomat wäre gut, denke ich mir.

Der Abend in geselliger Runde, tiefe Blicke. Was soll ich sagen? Jackpot!

Andrea, Jack und ich fahren zu dem kleinen Teich. Wir springen ins Wasser. Besser kann es nicht mehr werden. Ich bin glücklich.

Der Sommer meines Lebens? Vielleicht nicht ganz. Aber ganz nah dran.

© Bluebabe 2019-07-26

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