Aus meiner Kindheit hab ich es noch im Ohr, wenn unten auf der Wienzeile gesungen wurde: “An Lavendl hob i do, kaufts ma an ooo…”. Sie zogen weiter zum Naschmarktplatzerl, wo an den Wochenenden der Bauernmarkt residierte. Die Kräuterweiberln hatten einen guten Ruf. Nie hab ich gehört, dass ich mich vor ihnen in Acht nehmen sollte. Anders wars bei manchen anderen.
Mama wurde panisch, wenn an der Wohnungstür ein Scherenschleifer klingelte, oder gar ein sogenannter Fetzentandler. Da wurde mir eingetrichtert, dass die eigentlich nichts anderes im Sinn hätten als uns zu bestehlen. Daran war nicht zu rütteln, es gab sie, diese bösen Gesellen, vor denen man sich hüten musste. Mama war wohl mit denselben Mahnungen groß geworden, und ohne den Gedanken an eine mögliche Korrektur gab sie es ihren Kindern weiter.
Jahrzehntelang kamen mir diese angeblich suspekten Gestalten nicht mehr unter. Erst als ich dann im Waldviertel wohnte, kam einmal eine Nachbarin um mich zu warnen. Angeblich wären Zigeuner in der Gegend:“Und du bist da ja ganz allein und abgeschieden, mach ihnen besser nicht auf!”
Meine Neugier war geweckt, endlich wollte ich mir selbst ein Bild davon machen, und dann kamen sie. Zwei Männer mit einem alten Auto, das mit allem Möglichen vollgepackt war, von Geschirr bis Kleidung. Ich würde sagen, es war größtenteils Klimbim, aber es hat mich trotzdem interessiert, was mir passieren würde, wenn ich sie in meine Stube lasse. Warm gefütterte Hausschuhe suchte ich mir aus, damit ich ihnen wenigstens etwas abkaufen konnte. Ob sie etwas trinken wollten? “Nur Wasser, bitte.”
Als ich in die KĂĽche ging, um Gläser zu holen, holte mich kurz das alte Misstrauen ein. Da saĂźen zwei Männer in meiner Stube, die nach Ansicht meiner Nachbarn, – und vor allem meiner Mama -, gern Böses im Sinn hatten. Ich sah mir das Misstrauen an und verwarf es, und wir hatten ein nettes Gespräch. Zwei Paar Socken kaufte ich auch noch, und dann verabschiedeten sie sich sehr freundlich.
Die Nachbarn suchten dann mein Tor nach Kreidezeichen ab. Bald würden die nächsten kommen, die vielleicht nimmer so freundlich wären. Ich lachte. Einige Tage später kam wirklich ein anderer, und ich war froh darüber. Ich hatte den beiden davon erzählt, dass meine Scheren und Messer dringend geschliffen werden müssten. Sie hatten mir den Schleifer geschickt, der seine Sache gut und günstig verrichtete.
Heute sieht es ganz anders aus mit den fahrenden Händlern. Sie liefern kein Klimbim mehr in Häuser, sie holen Schrott, den sie dann nach Rumänien oder Afrika verkaufen. Auch das ist legitim. Aber jetzt, wo ich mein Misstrauen losgeworden bin, würde ich mich über einen Scherenschleifer wieder mal freuen…
© rebella-maria-biebel 2021-06-25