Schiffbruch Ahoi!

MadamePipi

by MadamePipi

Story

Bumm. Krach. Ein langgezogenes Kreischen und ein harter Schlag durchdringen meinen Körper und vibrieren endlos nach.

Eben noch saß ich am höchsten Punkt unseres Segelbootes, das elegant in der KrĂ€ngung seinen Weg durch das tiefblaue Meer pflĂŒgte. Ich war die Königin der Welt! Segel setzen, volle Fahrt voraus, die Schoten sind fest gespannt und halten die mĂ€chtigen TĂŒcher, geblĂ€ht durch den Wind, in Form. Den Delphinen, die das Boot begleiten, ein “High Five” geben, um sich fĂŒr die kurze Zeit ihres Mitreisens zu bedanken. Das war Leben, das war Sein, das war Freiheit!

Und nun schrammen wir an einem Felsen entlang. Unser Boot gefĂŒhlt im 90 Grad-Winkel zum Meer. Unter mir nur noch tiefblauer Abgrund.

Ein paar Stunden zuvor. Athen, 40 Grad. Die Frisur hĂ€lt. Ein Hafen außerhalb der heißen Stadt. Zahllose Segelboote wippen im Takt der Wellen, die gleichmĂ€ĂŸig die Pier umspĂŒlen. Ein CafĂ© FrappĂ© und es geht los. Erwartungsvoll begebe ich mich mit meinen Mitreisenden zu unserer Yacht. Es ist die sportliche “Zen”, die nun fĂŒr die nĂ€chsten zwei Wochen unser Zuhause sein wird. Sie ist schon etwas in die Jahre gekommen, was man gut am Lack erkennen kann, der am Bug bereits begonnen hatte abzublĂ€ttern. Dennoch strahlt sie von besonderer Eleganz, gegerbt von Wind und Wetter und geschmĂŒckt durch Salzkristalle. Ein Bett, eine Kochnische und jede Menge Freiheit, neue Entdeckungen und Selbstbestimmung erwarten uns. WĂ€hrend wir unser GepĂ€ck ĂŒber die Reling hieven, erhĂ€lt unser Skipper an Schiffsdeck die Einweisung. Er ĂŒberprĂŒft die Instrumente und begutachtet das Navigationsmaterial sowie die SicherheitsausrĂŒstung. Nicht schnell genug kann es ihm gehen, endlich den, nach Fischtran stinkenden, Hafen zu verlassen und der Freiheit entgegen zu segeln.

Die Tiefen des Meeres bedrohlich vor mir. Tausende Gedanken rasen durch meinen Kopf, so absurd und realistisch zugleich. Werden wir kentern? MĂŒssen wir schwimmen? Soll ich noch schnell meinen Pass und Geld aus der KajĂŒte holen? Rums. Die Yacht wird zurĂŒckgeworfen. Gekreische. “Hilfe!” höre ich von unten. “Wir zerschellen gleich an den Klippen!” Der Skipper versucht einen Notruf abzusetzen. Keine Funkverbindung. Wir mĂŒssen uns retten! Gibt hier wer Anweisungen?! Verzweifelt lassen wir das Dingi ins Wasser. Plötzlich eine Stimme. Ich brauche lange, um zu erkennen, dass es meine ist. “Motor anlassen! Versucht von den Klippen wegzukommen!” Gottseidank. Das Knarren und Krachen wird unterbrochen von dem bekannten und beruhigenden GerĂ€usch des Motors. Er funktioniert noch. Ein Katamaran erreicht uns, um uns zu helfen und zur nĂ€chsten Bucht zu kommen.

Am nĂ€chsten Tag im Hafen außerhalb von Athen. Zahllose Segelboote wippen im Takt der Wellen, die gleichmĂ€ĂŸig die Pier umspĂŒlen. Der Geruch von Fischtran steigt uns in die Nase. Er gibt uns Geborgenheit. Wir haben das Festland sicher erreicht.

© MadamePipi 2019-07-21

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