Schwarz weiß

Diana Koppelt

by Diana Koppelt

Story

Vielleicht ist mein Herz einfach nur eine Hure. Kaum habe ich es gefangen, entwischt es mir auch wieder. Kaum stehe ich fest, falle ich im nächsten Moment in einen noch größeren Abgrund. Kaum bin ich glücklich, will sie sich wieder über mich legen, die schwere Decke der dunklen Gefühle. Tiefe Leere erfüllt mein Herz. Es ist gelähmt und ihm fehlt die Kraft für den nächsten Moment. Was mir bleibt, ist die Aneinanderreihung von Sekunden, Minuten und vielleicht sogar Stunden. Ich sage mir: Einfach nur den nächsten Moment überleben. Irgendwie. Vielleicht schaffe ich es ja sogar, an einen Gedanken noch einen weiteren Gedanken zu hängen. So wie Waggons bei Zügen. Doch wohin wird mich dieser Zug wohl führen? Ich weiß es nicht. Ich habe den Überblick verloren. Mein Herz ist schwer, dunkel und orientierungslos. Ich kann nichts mehr spüren. Dort, wo einst mein Herz war, da ist nur noch gähnende, kühle Leere. Und dieser Zustand vermag mein ganzes Sein einzunehmen. All mein Denken, Fühlen und Handeln. Du hast einen Farbtopf voller schwarzer Farbe in meinen Herzendraum gestellt und alle Wände damit bestrichen. Schwarz, wie deine Haare, die ich noch vor ein paar Tagen sanft mit meinen weißen, weichen Handrücken berühren durfte. “Vorsicht!”, hast du gesagt, “du drückst sie mir ja ganz platt und reißt sie mir raus. Und dann brauche ich deine.” Ich lächelte. Nichts ahnend. Mein Herz raste, als ich in deiner Nähe war. So etwas, wie dich, hatte ich noch nie erlebt. Jeder zweite Satz ein Witz, ich wusste gar nicht wohin, mit den unzähligen Lachorgasmen. Deine Sprache und dein Ausdruck waren eine Paarung aus Intelligenz, Charme und Humor. Konnte ich mir jemals mehr wünschen? Meine Aufregung, als ich bei dir war, hätte man anfassen, formen und daraus eine Sandburg bauen können. Vielleicht sogar ein Schloss aus Sand. Und dieses haben wir mit unseren zittrigen Händen und unserer Blindheit, einander wirklich zu sehen und zu fühlen, einfach kaputt gemacht. Wie Kinder am Meer, die unbefangen und frei von Regeln, Normen und Anweisungen draufloslegen. Ohne zu wissen, was am Ende dabei rauskommen wird. Ich danke dir, denn ich war gefangen. Gefangen und gleichzeitig getrieben im Gefängnis meiner Sehnsucht, Wünsche und Hoffnungen. Du hast mir erlaubt, hinauszugehen. Du hast meinen schier endlosen Hunger nach Liebe und Leben geweckt und einfach nur mit deinem Dasein gefüllt. Als ich bei dir war, fühlte ich mich lebendig und ganz erfüllt. Ich schwöre: Du bist so viel geiler als Sex! Die Melodie deiner Stimme hat mich umhüllt wie ein weicher Bademantel. Ihre Tiefe hat die Schläge meines Herzens getragen. “Du kannst bei mir ganz nackt sein. Seelisch und körperlich. Ich werde dir Selbstvertrauen, Sicherheit und das Gefühl von Schönheit geben.”, deine Worte hingen sich wie kleine Sandsäcke an die vielen Herzensmauern, die mein hungriges Herz umgeben. Ich habe dir vertraut und deinen Worten geglaubt. Nicht wissend, dass schon bald meine Tränen diese Säckchen benetzen und schwer werden lassen würden. So schwer, dass sie am Ende die schweren Mauern um mein Herz herunterreißen würden. Doch jetzt bin ich frei. Ich spüre, wie ich langsam aus und einatme. Das Rasen, Hasten und Zappeln gibt es nicht mehr. Und auch wenn du physisch nicht mehr da bist, weiß ich doch, du bist da. In meinem Herzendraum namens Liebe. Gerade malst du da weiße Sterne auf die schwarzen Wände.

© Diana Koppelt 2023-08-31

Genres
Novels & Stories
Moods
Emotional, Hoffnungsvoll, Sad
Hashtags