Hammerschlag auf Hammerschlag schlägt sich der Bergarbeiter einsam durch das Gestein, Millimeter um Millimeter. Sie sind ein stolzer Stand, die Bergleute. Das Knappenleben war ein hartes, gefährlich ist es immer noch. Grubenunglücke machen Schlagzeilen und haben oft mit Nachlässigkeit und Ausbeutung zu tun. Die Heilige Barbara ist die Schutzpatronin der Bergleute und jedes Jahr am 4. Dezember wird in Stollen und auch im Straßentiefbau die Barbarafeier abgehalten. Dieses Jahr durften wir, das ‘Silberberg-Ensemble’, im Schaubergwerk Schwaz diese Feier umrahmen. Gedichte von Rilke und Ibsen sprechen von der Härte, der Einsamkeit, aber auch von der Ruhe und dem Frieden im Berg. Als Sprechchor rezitierten wir diese bedeutungsschweren Worte – poetisch, bewegend und aus dem Leben genommen:
“Vielleicht dass ich durch schwere Berge gehe, in harten Adern, wie ein Erz allein und bin so tief, dass ich kein Ende sehe und keine Ferne. Alles wurde Nähe und alle Nähe wurde Stein.” Das kenne ich. Das erlebe ich. Die Schwere, die auf mir lastet, die Enge, die mich erdrückt, die Ferne, die sich nicht auftut.
“Ich bin ja noch kein Wissender im Wehe. So macht mich dieses große Dunkel klein.” Das Weh will kein Wissen, dass Weh will ‘Sein’. Hinweise, Ratschläge, Belehrungen bewirken noch tiefer fühlbare Schwere. Bin lieber eine Unwissende – dann kommt mir vielleicht Wissen, dass ich “Raum zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe”.
“Bist du es aber – mach dich schwer, brich ein! Lass deine ganze Hand an mir geschehen und ich an dir, mit meinem ganzen Schrei’n.” Wer immer du bist? Mit dir will ich mich auseinandersetzen. Du bist es, der/die mich ertragen muss und ich dich. Ergänze mich zum Ganzen! Mute dich mir zu, auf dass auch ich mich zumuten kann. Wenn du es bist, brich ein, überwinde meine Schranken und meine Dämonen!
Ich maße mir nicht an, Rilke-Gedichte zu interpretieren. Es sind meine Gefühle, die ich darin erkenne. Und in diesen Worten fühle ich mich erkannt.
Die Hl. Barbara ging durch schwere Berge und ein Du ist eingebrochen. Ihr Vater sperrte sie in einen Turm und soll sie selbst enthauptet haben, weil sie dem Christentum nicht abschwor. Auf ihrer Flucht wurde sie von einem Felsen geschützt; deshalb wählten die Bergleute sie zu ihrer Patronin. Auf einen Turm gestützt, in der Hand den Hostienkelch steht sie als Marmorstatue auf unserem Familiengrab. Sie ist die Namensgeberin meiner Großmutter und auch mein zweiter Name ist Barbara. Als Kind habe ich ihre Legende mit Begeisterung gelesen.
Natürlich pflege ich auch den Brauch der Barbarazweige und habe drei Kirschreiser eingewässert. Barbara soll während ihrer Gefangenschaft ein verdorrtes Kirschbaumzweiglein in ihren Trinknapf gestellt haben. Am Tage ihres Märtyrertodes, seien die Knospen aufgeblüht. Kommen die Zweige am Weihnachtsfest zum Blühen, so wird das als gutes Zeichen für die Zukunft gewertet.
© Christine Sollerer-Schnaiter 2022-12-06