Sein Name ist Hussein

Ida Manko

by Ida Manko

Story

Guten Morgen liebe Menschen, heute schon gelacht?

Ich habe mich ja bereits vorgestellt, Wolfgang. Ich habe wieder ein paar Gedanken sortiert und wollte heute ein wenig zu Hussein schreiben, meinem Mitbewohner. Er ist der beste alte Mitbewohner, den man sich wünschen könnte. Ich kann von ihm viel lernen. Vor allem besonders unruhig zu werden, wenn er besonders ruhig ist. Habt ihr schon mal mit jemanden zusammen gelebt, der immer eine zen-mäßige Ruhe ausgestrahlt hat, unabhängig des Tages und dessen, ob wir an diesem Tag Essen und Trinken bekommen würden? Ich denke mir oft, Wolfgang beruhig dich, schau dir Hussein an, er hat nur ein paar Zähne übrig, aber lacht so oft, dass man diese ständig vor Augen hat. Also lache ich mit, ob ich will oder nicht. Schließlich fehlen dem Mann Zähne im Mund.

Hussein ist Moslem, ich bin mal dies und mal das. Tagesformabhängig. Was ich mir aber gerne von ihm abschaue, ist das Morgengebet. Es ist nicht wichtig, ob wir an einem Tag erst mittags oder abends spazieren wollen. Hussein steht oder sitzt je nach Gesundheitszustand morgens um sechs definitiv auf, macht sich zurecht, putzt seine drei Zähne und streicht sich durchs Haar. Dann betet er. Er sagt immer morgens soll ich mit ihm beten, das wäre ein wichtiges aber kurzes Gebet. Manchmal winke ich mit meiner Hand und mache die Bewegungen im Liegen nach, dann grinst er mich an, während seiner fünf Minuten Ruhe. Sonst ist er nicht sonderlich ruhig, darum liebe ich die Gebetszeiten von ihm. Er redet in Dauerschleife über das gute Leben. Manchmal frage ich mich, was er wohl täte, wenn tatsächlich auf hohem Fuße leben würde. Vor Dankbarkeit wäre kein Raum mehr für das Leben an sich. Nach den fünf ruhigen Gebetsminuten am Morgen, da bedankt er sich natürlich bei Gott und bittet um viel Gutes für so gut wie jeden Menschen, den wir kennen. Ich rufe ihm manchmal zu, für mich immer doppelt so viel Gutes zu erbitten wie für andere, schließlich leben wir wie Brüder. Er schüttelt dann den Kopf, aber ich sehe an seinen Augen, dass er dann nochmal für mich betet. Eigentlich erledigt er die Arbeit für sich und mich gerade mit. Ich kannte mich vorher nicht sonderlich gut aus mit dem Islam, aber für mich war klar, wenn der Islam das ist, was Hussein verkörpert, dann muss es eine tolle Religionsrichtung sein. Ab und an bitte ich ihn, mir etwas dazu zu erklären und in vielen Dingen wird mir klar, wie einfach die Ansprüche der Religion sind. Es geht vor allem darum niemanden Schlechtes zu wollen und für andere eine Stütze zu sein. Darum stütze ich Bernd immer, wenn wir uns vor dem Abendessen an der Rezeption treffen und er vielleicht mal etwas zu viele Cocktails hatte an diesem Tag. Dann grinse ich ihn an und sage, Hussein wird für ihn beten.

Nun gut liebe Leute, bis zum nächsten Mal.

Mit lachenden Grüßen, Wolfgang

© Ida Manko 2023-03-07

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