Es waren zwei Jahre voller bedenklicher Entscheidungen gewesen, die mir mein Leben erschwert hatten, aber eigentlich dazu hätten beitragen sollen, dass ich mich besser fühlte. Schöner, stärker, selbstbewusster. Stattdessen hatte ich eine in mir schlummernde chronische Krankheit geweckt, die ich wie einen Erzfeind zu bekämpfen versucht hatte, was nur dazu geführt hatte, dass ich mich am Ende selbst besiegt sah. Der Lebenslust beraubt, vermochte ich mich zu nichts mehr aufzuraffen. Ich konnte zu dem Zeitpunkt nicht verstehen, dass der Schlüssel zu allem, zu wirklich all meinen Problemen – angefangen bei dem Gedanken, mit einer anderen Körperfigur, einem anderen Lifestyle mehr wert zu sein bis hin zu dem letzten Schritt, der mir gefehlt hatte, um mich von meiner Neurodermitis zu befreien – Akzeptanz ist. Hätte ich mich als wertvollen, einzigartigen Menschen gesehen, der es nicht nötig hatte, seinen ohnehin schönen Körper an stereotypische Idealbilder anzupassen, nur um sein mangelndes Selbstbewusstsein zu boosten, wäre ich nicht in die nichts als traurige Abwärtsspirale bestehend aus Abnehmriten geraten, gefangen darin wie ein Hamster im Hamsterrad. Das Rad drehte sich und drehte sich und fiel irgendwann aus seiner Halterung. Als es zum Stillstand gekommen war, wurde es erst ungemütlich – Untergewicht, damit einhergehende Probleme, Neurodermitis. Es wäre viel einfacher gewesen, hätte ich meine Ängste und Sorgen mit jemandem geteilt. Meiner Familie hatte ich bis zum Schluss alles verheimlicht, was das Ganze unerträglich gemacht hat. Die ganze Zeit musste ich mich rechtfertigen und lügen, weil ich den Menschen, die ich liebte, keinen Kummer bereiten wollte. Außerdem befand ich mich zu dieser Zeit – der Blüte meiner wachsenden Selbstzufriedenheit bei immer größerem Gewichtsverlust – wie in Trance. Der logisch-reflektierende Teil meines Hirns war wie ausgeschaltet, anders wäre es mir nicht möglich gewesen, meine hochambitiösen Trainingsziele zu verfolgen, während mir mein übermüdeter und unterernährter Körper klare Zeichen der Kapitulation sendete. Der essenziellen sozialen Unterstützung beraubt, versuchte ich es also mit Beten (bin sehr gläubig) und schenkte einer heutzutage aus dem Alltag nicht wegzudenkenden Informationsquelle große Beachtung: Google. Ich googelte alles; von Abnehmtipps über Trainingspläne für Home Workouts bis hin zu Selbstheilungsmethoden bei Neurodermitis. Nicht jede Umsetzung der im Internet gefundenen Ratschläge war ratsam, definitiv nicht. Doch irgendeinen Anker musste ich haben, wenn ich mich schon niemandem öffnen konnte … Wie gesagt, eine Reihe von Fehlentscheidungen. Heute weiß ich, dass ich keinen definierten, perfekt geformten Körper brauche, um erfüllt und glücklich zu sein. Ich kann Stress im Alltag und jegliche Arten von psychischer Belastung sofort auflösen, weil ich gelernt habe, sie bewusst wahrzunehmen, der Ursache nachzuspüren, und mich emotional und gedanklich wieder positiv zu stimmen, denn es gibt nichts Wichtigeres als die Zuversicht, dass alles gut wird. Man sollte sich auch vor Augen halten, dass jeder einzelne Augenblick, jede Hürde zu einer Reihe von weiteren kostbaren Momenten in unserem Leben führt, und dass genau diese einzigartige Kombination aus Aufs und Abs Teil unseres persönlichen Wunders ist, das sich Leben nennt. Und das Leben ist schön.
© Ivana Vrdoljak 2023-08-27