Geräuschlos, bedächtig senkten sich in hellem Grau befellte Tatzen auf saftiges, dunkelgrünes Moos. In der Finsternis seiner Zeit durchstreifte ein Schatten unbewohnte Lande. Das schwache Mondlicht auf dem eleganten Pelz silbern schimmernd. Die Schnauze hoch erhoben witterte er reiche Jagdgründe.
Seinesgleichen aus langer Dynastie entspringend, war er von fern der Ufer des klar fließenden Baches hergezogen. Heimatsuchend für jene, die ihm folgen würden.
Die Weißglänzende muss ihn an das Land seiner Väter erinnert haben. So beanspruchte der Herr von Nitperg diesen waldbedeckten Riedel und die weite Au bis hin zum Grenzwasser für sich.
Wölfe bewohnten fortan die in stiller Anmut ruhende Schlossanlage. Bestehend aus dem mehrstöckigen Wohnschloss und dem Park, gerahmt von einer kräftigen Mauer mit dicht aneinanderstehenden Wehrtürmen und Bastionen und dem Südtrakt mit dem boliden, runden Kanonenturm. Sich allesamt im wassergefüllten Burggraben spiegelnd.
Ein Wachturm in ihrer Mitte emporragend, geschmückt von einem spitzen Satteldach und einer wehenden Fahne, eröffnete ihnen die Sicht gen Osten. Von seinem hölzernen Balkon spähten sie stets wachsam über die Grenze. Eine skeptische Nase dem Wind entgegenstreckend.
Ihr Misstrauen sollte nicht umsonst gewesen sein. Drängten in den nächsten dreihundertfünfzig Jahren Türken, Haiduken, Ungarn, Kuruzzen und, man muss gestehen, auch landeseigene Truppen gegen das Wasserschloss und seine unbefestigte Siedlung.
Heute, lange nicht mehr in silbrig-befellten Tatzen, aber im ewigen Gedenken an jene, die in Tristesse und Kohlenstaub all das begründeten, das wir heute als selbstverständlich ansehen, tragen wir ihr Symbol in unserer Mitte.
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Das Gebiet der Grafschaft Wörth, später Neudau, wurde etwa 1166 vom Landesfürsten an die Herren von Nitperg, später Neuberg, vergeben. Aufgrund seiner Grenzlage jedoch erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts besiedelt. Von denselben. Sie wurden auch „Wulfinge“ genannt, da die Erbberechtigten meist „Wolf“ oder „Wulf“ im Namen trugen und den aufgerichteten Wolf mit Rosen in ihrem Wappen führten. Ebenso wie ursprünglich auch die Stubenberger, aus deren Geschlecht sie stammten.
Geschrieben als „Neydberg“, für das Gebiet die Bezeichnung nitperger Au wählend, begründeten sie den Namen „Neyd-au“ – „Neudau“.
© Valentina Pelzmann 2022-12-31