by PETER MANDL
Eine viermonatige Autostop- Reise durch England, Schottland, Wales und Irland lag gute fĂŒnf Jahre zurĂŒck, als ich um 1970 wieder in Soho autauchte. Swinging London hatte schon fast ausgeschwungen, da hieĂ der neueste Hit der Kinks âLolaâ und lieĂ im âMarqueeâ oder meinem Stammlokal âSt Anne’s Clubâ die Plattenspieler heiĂlaufen.
Sir Raymond Douglas Davies, damals noch Mr. Dave Davies, besang in dem Lied seine ziemlich maskulin auftretende Tanzpartnerin Lola, die er âin a club down in old Soho, where you drink Champaigne and it tastes just like Cherry- ColaâŠâ getroffen hatte. Cherry, nicht zu verwechseln mit Sherry, dem berĂŒhmten Fino aus Jerez de la Frontera, war eine picksĂŒĂe, bei den London Girls beliebte Kirschlikör- Rabiatperle, vergleichbar unserem unsĂ€glichen Ribiselwein.
Einige Zeit spĂ€ter hatte der Schlager eine wundersame Mutation durchgemacht: Es hieĂ jetzt plötzlich âand it tastes just like COCA- Cola â. Waren da, Ă€hnlich wie bei unserer Regierungspartei, ein paar korrupte Pounds oder Guineas geflossen?
Bereits 1952- ich kam widerwillig ins Gymnasium- kreierte der Favoritner Hundertsassa Gerhard Bronner den Ottakringer Jahrtausendschlager âDer g’schupfte Ferdlâ, der kurz darauf vom genialen Helmut “Quasi” Qualtinger in den Musikolymp gehoben wurde. Bald konnte ihn die ganze damals bekannte Welt von Hasenleiten ĂŒber den Laaer Berg bis hinunter zur Simmeringer Haide (Had’) auswendig.Im Refrain hieĂ es, dass âbeim Wimmer drauĂd in Neulerchenfeld” wieder einmal Perfektion wĂ€re. SpĂ€ter kam plötzlich, Ă€hnlich wie im vorigen Fall, eine neue Version mit âbeim Thumser drauĂenâŠâ heraus.
Mir war die Sache jahrzehntelang ein völliger Schleier, zumal es die Tanzschule Thumser tatsÀchlich gab und den Wimmer eher nicht, sodaà es eine unverstÀndliche Art von umgekehrtem Copyright- oder Datenschutz-Streit schien. Der nicht existente Wimmer wird sich ja wohl kaum beschwert haben, genannt zu werden.
30 Jahre spĂ€ter sprach ich Herrn Bronner in einer Vortragspause im ORF Salzburg auf die Geschichte an und er erklĂ€rte mir das Mysterium ganz genau. Da die Pferde meines GedĂ€chtnisschwunds aber schon damals ordentlich galoppierten, habe ich leider alles vergessen und der “Kreta- Bua aus Favoriten” nahm das Geheimnis mit ins Grab.
Einige Zeit nach dem Krieg gab es im österreichischen Rundfunk (war es noch der USA- Sender Rot- WeiĂ- Rot?) eine morgendliche Tratschsendung mit Karl Farkas und Ernst Waldbrunn, die mit den Worten begann: Guten Morgen, Herr Schöberl- GrĂŒĂ Sie, Herr Bröselmeier⊠Bei der spĂ€teren Neuauflage im Fernsehen wurde der Zweitgenannte plötzlich âHerr Bergerâ genannt.
Gab es einen realen Herrn Bröselmeier, der sich auf den Schlips getreten fĂŒhlte? Steckte gar Elvis Presley, den wir Simmeringer Buam so nannten, dahinter?
Die erwÀhnten- auch geadelten- Herren mögen sich auf ein baldiges (ich hab schon den 80er abgebusselt) meinerseitiges Kreuzverhör höherenorts gefasst machen.
© PETER MANDL 2022-11-11