Slowly

Anna Uano

by Anna Uano

Story

Es war ein stiller Nachmittag im Café, die Tassen standen unbeweglich auf den Tischen, und das sanfte Licht, das durch die Fenster strömte, ließ die Farben des Raumes in beruhigende Töne erstrahlen. Der Duft von frisch gebackenem Kuchen und Kaffee lag in der Luft, doch die Stille, war das Element, das alles durchzog.

Ich saß am Fenster und blickte versunken in die schneebedeckten Straßen. Es war ein klarer Kontrast zur kuscheligen Wärme hier drinnen. Die Probeöffnung gestern war wunderbar verlaufen, ich hätte mir gar keine Sorgen machen müssen.

Doch eine Begegnung ließ mich einfach nicht mehr los. Die junge Frau, die sich am späten Nachmittag in meine Winterlounge verirrt hatte, war so traurig gewesen. Ohne dass sie etwas gesagt hatte, hatte ich sofort gespürt, dass sie Herzschmerz hatte. Ihre ganze Art, wie sie sich bewegte, hatte sie verraten.

Ein kleiner Funken Wehmut regte sich in mir. War ich nicht ebenso einsam wie sie?

Hatte ich die Sache mit der Liebe zu lange aufgeschoben? Ich war so besessen davon gewesen, mein eigenes Café zu eröffnen und es immer allen recht zu machen, dass meine Emotionen vielleicht zu kurz gekommen waren. Sicher war ich mir natürlich nicht, doch ein leiser Zweifel blieb. War ich oft zu unentschlossen?

Maik hatte sich gestern nicht blicken lassen. Auch wenn ich es im Trubel nicht so sehr bemerkt hatte und auch wenn wir uns ja gar nicht wirklich kannten, hatte ich sehr darauf gehofft, ihn wenigstens besser kennenzulernen.

Ich seufzte und beschloss, mir eine Tasse Kaffee zu machen.

Da entdeckte ich eine Gestalt durchs Fenster. Mein Herz tat einen Sprung. Maik stand draußen und blickte herein. Für eine Sekunde glaubte ich, dass er weitergehen würde, doch dann trat er beherzt ein. Maik war, wie immer, wenn sie sich bisher getroffen hatten ruhig und nachdenklich, aber mit einer Intensität, die in der Stille beinahe greifbar war. Ich beobachtete ihn einen Moment lang und spürte, wie sich die Atmosphäre veränderte. Er lächelte mich an und in seinen Augen lag Bewunderung. Obwohl wir einander noch so fremd waren, konnte ich genau spüren, was er dachte. Er dachte über das Café nach, über das Konzept, das ich geschaffen hatte und über die Leichtigkeit, mit der die Stille den Raum erfüllte. Und vielleicht dachte er auch über sich selbst nach, über das, was ihn hierhergeführt hatte, an diesen Tisch, in diese Stille. Ich hoffte es zumindest.


© Anna Uano 2024-12-21

Genres
Novels & Stories