by Karin Sieder
Sohnemann möchte sich bewerben. Aber sicher nicht ohne Hilfestellung von mir. Seit drei Wochen liegt er mir schon in den Ohren, dass er sich bei einigen Stellen bewerben möchte. Könnte er jederzeit. Aber er will es in meinem Beisein tun. Also Sonntag Vormittag. Lebenslauf und Bewerbungen hatte er bereits vorbereitet. Es ging nur ums Wegmailen. Ich saß dabei und sah nur zu …
Tochterkind macht gerade Praxis im Kindergarten. Da bräuchte sie verschiedenes Tastmaterial und Übungsmaterial für die Kleinsten mit Klettverschluss und Knöpfen. Das könnten wir doch gemeinsam vorbereiten. Ich machte Vorschläge. Keiner davon konvinierte Tochterkind. Sie zog ihre eigenen Ideen durch. Weggehen durfte ich dennoch nicht …
Das mittlere Kind schien heute Vormittag am problemlosesten. Sie lernte. Bis zu dem Moment, als ihr einfiel, dass sie für den Pfarrbrief noch schnell etwas schreiben musste und am Dienstag – Faschingsdienstag – noch schnell ein Kostüm brauchte und keines im vorhandenen Faschingskostümkasten auch nur irgendwie ihr genehm war. Mama, du könntest doch schnell etwas zusammennähen. Natürlich könnte Mama das …
Eine der Katzen – bei Minusgraden dürfen sie ins geheizte Heurigenlokal – hatte genau vor der Tür zum Heizraum ein Andenken hinterlassen. Mama konnte es natürlich nebenher wegräumen … und danach auch gleich die Hühner versorgen, die sich Mama schließlich in den Kopf gesetzt hatte …
Ich brauchte mich also nicht fragen, wo meine Zeit heute hingegangen ist. Irgendwie war der Vormittag rum, bevor ich auch nur irgendetwas davon gesehen hatte. Mein Leben und ich.
Beim Mittagessen eröffnete ich der Mannschaft, das Göttergatte und ich gleich nach dem Essen bei strahlendem Sonnenschein spazieren gehen würden. Der wusste noch nichts von seinem Glück. (“Jetzt gleich? Es ist ganz schön kalt …”) So marschierten wir bei Minusgraden und leicht eisigem Wind aus. Auf zur Erhebung neben unserem Ort. Schweigend gingen wir einige hundert Meter nebeneinander her. Ich in meinen Gedanken. Mann scheinbar ebenso.
Ruhe umgab uns. Die Sonne schien uns endlich – nach einigen wirklich trüben Tagen – ins Gesicht. Am höchsten Punkt steht ein altes, etwas morsches Bankerl. Wir setzten uns kurz hin. Wir redeten über dies und das und die kommende Woche.
Mann beugte sich plötzlich zu mir herüber und gab mir einen Kuss. “Wofür war der?”
“Jede andere Frau wäre heute Vormittag schreiend aus dem Haus gelaufen. Ich habe es mehr als beeindruckend gefunden, dass im Essen kein Rattengift zu finden war.”
© Karin Sieder 2021-02-14