Sorgendecke

Carina Allerstorfer

by Carina Allerstorfer

Story

Kraftlos schlurft sie zum Bett und deckt sich mich mit den Sorgen des Tages zu. Ihre Füße schmerzen von der Last, die sie tragen musste. Sie sind abgenutzt. Sie streckt sich ganz lang und hört es knacksen und krachen, ihr Körper jammert. Immerhin hat sie heute keine abgeschürften Knie, so schwer kann der Ballast also nicht gewesen sein, wenn sie sogar aufrecht gehen konnte, oder? Ihre verspannten Schultern versuchen eine bequeme Mulde im Kopfpolster zu finden, vergeblich. Ihr Nacken fühlt sich steif und stahlig an. Ihre Haare reiben unangenehm am Kopfpolster, während sie eine Position zu finden versucht, in der sie zur Ruhe kommen kann. Nach ermüdenden Gedankenkreiseln wird sie endlich erlöst und verfällt in einen unruhigen Schlaf.

Ihre Augäpfel kullern umher wie wildgewordene Murmeln mit Schüttelfrost. Sie träumt von Flucht, sie hat Angst, etwas schemenhaft Dunkles verfolgt sie. Sie läuft wie verrückt und mit aller Kraft, die ihre Lungen aufbringen können durch einen Wald, es ist ein Labyrinth, das sie verschlingt. Sie stolpert, rappelt sich wieder auf, läuft weiter, immer weiter. Völlig außer Atem landet sie mit wildklopfendem Herzen in einer Sackgasse. Panik überkommt sie, sie ist wie ein Tier, das in die Enge getrieben wurde, die Beute des Raubvogels, der sie packen möchte und davonziehen, um sie genüsslich und erbarmungslos zu verschlingen. Fressen und gefressen werden. In ihrer Auswegslosigkeit beschleicht sie langsam das unbewusste Gefühl, dass sie ‘nur’ träume. Sie versucht aufzuwachen, sch loszureissen von den zerstörenden Bildern der jagenden Finsternis, doch sie ist wie erstarrt. Sie kann nicht aufwachen, kann nicht weiterträumen, kann sich nicht bewegen, sie versucht einen Lufthauch über ihre zugeschnürte Kehle zu ergattern. Mit aller Kraft probiert sie sich Bewusstsein einzuhauchen. Und plötzlich wird sie erlöst.

Ihr wild pochendes Herz klopft sie zurück in den Zustand der Wachheit. Sie atmet schwer und wie benommen ein und aus. Langsam kommt sie wieder in Takt und erholt sich von dieser Paralyse. Froh, es geschafft zu haben, dämmert sie nach kurzer Zeit wieder weg. Zu erschöpft, um noch länger darüber nachzudenken. Dieser Traum quält sie schon lange. Eine anstrengende Wiederholung unverständlicher Geschehnisse. Der Wecker reißt sie unsanft aus dem Schlaf. Sie reibt sich über ihre traumverhangenen Augen, als müsste sie ihre Sinne polieren, um der Welt entgegenblicken zu können. Benommen taumelt Aurora aus der Welt des Schlafes in die Realität. Ein neuer Tag beginnt. Sie schmeißt ihre Decke zur Seite und schlüpft direkt in ihre Alltagsschuhe. Wohin auch immer diese sie heute tragen werden.

© Carina Allerstorfer 2021-09-20

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