Soul Food

Alexa_Sara

by Alexa_Sara

Story

Willst du mal probieren? 

Ein Satz, der unglaublich nett gemeint ist und trotzdem so viel Schaden anrichten kann, wenn man nicht Nein sagen kann. Nein sagen will geübt sein und wenn man aber mit dem klassischen Befehl aufgewachsen ist, erst vom Tisch aufzustehen, wenn der Teller leer ist, hat man gelernt seinen Körper zu ignorieren und stattdessen demjenigen zu vertrauen, der die Kontrolle über Handy, Fernseher oder Freunde treffen hatte. 

Ich habe dir etwas vom Einkaufen mitgebracht, ist ebenso eine Love Language wie ein Todesurteil, wenn es sich um Süßigkeiten, Fettes und Salziges aber nicht um ein weiteres Katzenbaby handelt. Auch ich drücke meine Liebe mit kleinen Geschenken aus, die zeigen sollen, dass ich an die Person denke. Leider bleibt das bei Essen oft oberflächlich. Und vor allem, wenn man im Hamsterrad einer Familie sitzt, die seit der neuen Zeitrechnung gewohnt ist, dass die Älteren immer besser wissen, was gut für alle ist. Hauptsächlich, weil diese „alle“ nie etwas anderes sagen würden. 

Nimm dir doch noch ein bisschen, mit dem Schöpflöffel bereits über dem Teller auskippend, ist für jeden chronischen Nein-Vermeider die Fortsetzung einer langen Tortur, die einfach nur ein nettes Treffen hätte werden sollen. 

Als People-Pleaser-Königin und Mensch mit einem unendlich scheinenden Appetit auf Süßes, sobald mein Dopaminlevel unter die menschenwürdige Grenze fällt, kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen, dass das weitere angebotene Stück Kuchen auf meinem eigentlich bereits geleerten Teller, der Startschuss für ein massives Problem meines Selbstbildes war. Ich habe jedes davon gegessen und mich danach noch schlechter gefühlt. Denn jemandem eine Freude zu machen und eine Ablehnung zu ersparen, bedeutet seine eigenen Grenzen einzureißen und den Aufschrei nach Selbstfürsorge mit dem Absatz in den Boden zu rammen, bis er nur noch grummelnd und zerquetscht neben dem eigenen Selbstwert in der faulen Erde liegt. Das anschließende, „sie isst immer so brav auf“, wird getoppt vom unaufhaltsam folgenden „wo sie das alles hin isst“, und wenn man Pech hat auch schon einem Side-eye Kommentar der Tante gegenüber am Tisch, die sich ein “dass es ihr schmeckt, sieht man ihr allemal schon an“ nicht verkneifen kann. Trotzdem hätte es mir das Herz zerrissen, meine Großeltern zu enttäuschen und nicht doch noch das letzte Stück Backhenderl reinzustopfen. Schließlich hatte ich einen Ruf zu verlieren. Und wenn es mein einziger in der Familie war, hat er mich doch zu etwas gemacht. Da spricht die toxische Essstörung, hörst du sie? Klar liegt das auch daran, dass man nicht Ja zu sich selber sagen kann, statt dass nur ein einfacheres Nein zu anderen dahintersteckt. Aber dazu mehr in einem anderen Kapitel.
Fazit sollte sein, dass auch hier ein Nein, gefolgt von einer kommunikativen Erklärung, Wunder bewirken kann. 
Dein Körper gehört dir. Du musst mit ihm leben und dich in ihm wohlfühlen. Und wenn du auf ihn Acht gibst, dann sorgt er im Gegenzug auch für dich, indem er dir ganz klar sagt, was gut für euch beide ist und was nicht. Halte dich daran und niemand kann dir böse sein.

© Alexa_Sara 2024-08-29

Genres
Humor & Satire
Moods
Emotional, Inspirierend, Reflektierend, Funny
Hashtags